Gummi – vorteilhafter Werkstoff in der
Kiesgewinnung und Aufbereitung

Ein großer Teil der Kies- und Sandvorkommen Deutschlands und der angrenzenden Länder werden wegen der hohen Grundwasserpegel, speziell der norddeutschen Tiefebene und entlang der großen Flüsse, im Nassverfahren abgebaut. Neben den Abbaumethoden mit Eimerkettenbagger und Greifern hat sich in den letzten Dekaden zunehmend die Förderung von Kies und Sand mit Saugbaggern etabliert. Günstige Investitionskosten in Verbindung mit dem Potenzial des automatisierten Betriebes waren ausschlaggebend für den Einsatz der Saugbagger-Fördertechnik – vorausgesetzt die Lagerstätte ist dafür geeignet. Ein Nachteil dieser Fördertechnik besteht jedoch darin, dass die Suspensionen aus Kies und Wasser abhängig von der Kornform und mineralischen Zusammensetzung teilweise erhebliche Abrasionswirkung haben können. Dies kann zum Verschleiß der Transportleitungen für die Suspension vom Abbau bis zur Aufbereitung führen, dadurch ungeplante Stillstände der Produktion verursachen und die Wirtschaftlichkeit des Abbaubetriebes gefährden.

Entscheidend für die Förderung von Kies und Sand mit Saugbaggern war daher die Verfügbarkeit von geeigneten Werkstoffen für die Herstellung der benötigten Rohrleitungen. Dabei wurde auf Erfahrungen mit der Förderung von stark schleißenden Suspensionen, wie z.B. Beton, zurückgegriffen. In den Förderleitungen vom Bagger bis zum Übergabepunkt an Land wurden von Anfang an Gummischläuche verwendet, die die notwendige Beweglichkeit der schwimmenden Leitungen im Arbeitsbereich des Baggers gewährleisten. Andererseits machen sie die Leitungen unempfindlicher gegenüber Winddruck – ein Faktor, der insbesondere am Niederrhein und in den Niederlanden wegen der dort oft herrschenden starken Winde von großer Bedeutung ist.

 

Die Betriebserfahrung zeigte, dass die zwischen den einzelnen, auf Pontons montierten Rohrleitungssektionen eingebauten Gummischläuche häufig eine längere Standzeit erreichten, als die mit ihnen verbundenen Rohre aus Stahl und anderen Werkstoffen. In Stahlleitungen z.B. rutscht der suspendierte Kies am Boden der Rohrleitung, wobei die Kanten des Materials Späne abheben. Hinzu kommt eine schlagende Beanspruchung durch die Turbulenz der Strömung, die dazu führt, dass Partikel und Steine auf die Rohrwand schlagen und so Material abtragen.

 

Im Vergleich zu einer Stahloberfläche ist die Innenfläche eines Gummischlauchs weich und nachgiebig. Die turbulenzerzeugten Aufschläge von Steinen auf die Wand werden durch das Gummi abgefedert. Scharfkantige Körner schaben nicht über die Oberfläche, sondern rollen ab, da sich die Kanten der Körner in der Gummioberfläche festhaken. Damit ist der spezifische Materialabtrag aus einem Gummischlauch deutlich geringer als der aus einem Stahl- oder Hartstahlrohr, was zu einer deutlichen Standzeitverlängerung führt. Charakteristisch ist auch die glatte, häufig samtartige Oberfläche, die sich durch den Verschleißmechnismus in Gummibauteilen ergibt. Sie führt zu einem deutlich geringeren Strömungswiderstand im Vergleich zu Stahlrohren. In der Praxis führt das zu etwa 30 % niedrigerer Leistungsaufnahme der Förderpumpen oder bei gleicher Pumpleistung zu etwa 30 % größerer möglicher Förderstrecke.

 

Aufgrund des sehr guten Verschleißverhaltens von Gummi wurden die Schläuche zu Gummirohren weiterentwickelt, die die guten Verschleißeigenschaften von Gummi mit den mechanischen Eigenschaften von Stahlrohren vereinen. Als Faustregel gilt, dass die mit Gummirohren erzielbare Gesamtförderleistung etwa das 10fache der von Stahlrohren und etwa das 4fache der von mit Hartstahl ausgekleideten Rohren beträgt.

 

Eine weitere Optimierung des Transportweges zwischen Saugbagger und Land gelingt durch die Verwendung von Gummischläuchen, die mit Schwimmkörpern aus Kunststoff ausgerüstet werden. Diese Spezialkonstruktionen stellen die zurzeit wirtschaftlichste Lösung dieser Transportaufgabe dar. Im Gegensatz zur Stahl- oder Gummirohrleitung werden keine Pontons benötigt. Darüber hinaus ist die im Wasser liegende Leitung keinem seitlichen Druck durch Wind ausgesetzt, und kann auch nicht als Weg zwischen Land und Bagger genutzt werden, wodurch Vandalismus erschwert wird.

Weitere verschleißkritische Punkte der nassen Kiesgewinnung befinden sich auf dem Baggerschiff selbst. An der Förderpumpe, wie auch in die Druckleitung muss ein Bogen eingesetzt werden, um die Richtungsänderung der Strömung in der Pumpe zu kompensieren. Klassisch wurden diese Bögen aus Stahlrohren mit massiven Wanddicken oder aus Segmenten aus Hartstahl oder speziellem Hartguss hergestellt. Auch an dieser Stelle führt die Verwendung von Gummi zu deutlich verbesserter Wirtschaftlichkeit. Ein spezielles Herstellungsverfahren erlaubt es, die Bögen aus Gummi passgenau einzusetzen, da Bogenwinkel und Bogenradien in weiten Bereichen frei wählbar sind. So ist z.B. ein Bogen NW 300 mit einem Biegeradius von 715 mm und einem Biegewinkel von 82 ° mit dem normalen Produktionsprozess herstellbar.

 

Ein weiterer Vorteil bei der Verwendung von Gummischläuchen und Gummirohren ist die hohe Schalldämmwirkung des Materials. Dazu wurden im Abstand von 10 m Schalldruckmessungen an einer mehrere hundert Meter langen Kiesförderleitung ausgeführt, die abschnittweise aus Gummirohren bzw. aus Stahlrohren bestand. Die Stahlleitung erzeugte während der Kiesförderung einen Pegel von 60-70 DBA, die Gummirohrleitung trug nicht messbar zur Erhöhung des Geräuschpegels der Umgebung bei. Durch die Spezialanfertigung einer Zuleitung aus Gummirohren zu einem Schöpfrad in einem Kieswerk ließen sich bestehende Probleme durch Lärmemissionen in einem nahe gelegenen Wohngebiet einfach und kostengünstig ohne die sonst erforderlich gewordenen umfangreichen Bauarbeiten lösen.

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