Ist die Mantelverordnung auf der Zielgeraden?

Mit Spannung war die dritte Berliner Konferenz „Mineralische Nebenprodukte und Abfälle“ am 20. und 21. Juni 2016 erwartet worden; versprachen sich doch die Teilnehmer vor allem Neues und vielleicht sogar Endgültiges zur Mantelverordnung Grundwasser/Ersatzbaustoffe/Bodenschutz (MantelV) zu erfahren. Doch schon das Programm ließ erahnen, dass noch immer nicht das letzte Wort zu diesem für die Ersatz- bzw. Recyclingbaustoffindustrie so wichtigem Thema gesprochen ist. Das Interesse der Branche war groß und so konnte Frau M. Sc. Elisabeth Thomé-Kozmiensky vom Veranstalter der Tagung, dem TK Verlag Neuruppin, erneut über 300 Teilnehmer aus der Industrie, wissenschaftlichen Einrichtungen und Behörden aus dem In- und Ausland begrüßen. Während sich der erste Tag in Form einer Plenarveranstaltung mit rechtlichen und strategischen Problemen und Fragstellungen beschäftigte, war der zweite Konferenztag in vier Sektionen fachspezifischen Themen gewidmet.

Plenarveranstaltung

Moderatorin Dr.-Ing. Stephanie Thiel, vivis Consult GmbH, Neuruppin, stimmte die Kongressteilnehmer auf die Sitzung ein und betonte dabei, dass Deutschland endlich eine klare Verordnung zum umweltverträglichen Umgang mit Ersatz- und Recyclingbaustoffen braucht. Seit weit über 10 Jahren wird die Ersatzbaustoffverordnung diskutiert, 2015 wurde der 3. Arbeitsentwurf der MantelV vorgelegt, danach wurde ein Planspiel ins Leben gerufen, um den Verordnungsentwurf auf seine Praxis­tauglichkeit und Vollzugsfähigkeit zu überprüfen. Am Ende des Planspiels, das auch die zu erwartenden Stoffstromverschiebungen berücksichtigen wird, sollen Ergebnisse vorliegen, die im September dieses Jahres in den Referentenentwurf einmünden sollen. Erst dann können die Gremien entscheiden, so dass bis zur Gesetzesverabschiedung noch einige Zeit ins Land gehen wird. Nichts desto trotz plant das Bundesumweltministerium eine Verabschiedung der MantelV noch in dieser Legislatur­periode. Frau Dr. Thiel wies auf Deutschlands Nachbarn, Österreich und die Schweiz hin, deren entsprechende Verordnungen in diesem Jahr schon in Kraft getreten sind, so dass sich einige der nachfolgenden Plenarbeiträge schon mit den ersten Erfahrungen befassen konnten.

Mit einem eindrucksvollen Beispiel aus einem deutschen Stahl­unternehmen stellte aber zunächst Dr.-Ing. Heinz-Peter Eisen, ThyssenKrupp Steel Europe AG, Duisburg eine Strategie zur Verwertung von mineralischen Nebenprodukten und Abfällen unter Berücksichtigung des neuen Kreislaufwirtschaftspaketes der EU (Circular Economy Package – KOM [2015] 614) vor. Die Entwicklungen bei der deutschen Stahlindustrie können sich sehen lassen: während um 1940 noch
980 kg Schlacke/1000 kg Roheisen anfielen, sind es heute durch Prozessoptimierungen nur noch 250 - 300 kg. Auch hinsichtlich Verwertung sind die Zahlen beeindruckend: 72 % der Schlacken und mineralischen Nebenprodukte gelangen in den Verkauf, 22 % (eisenhaltige Nebenprodukte) werden im Kreislauf geführt und nur 6 % müssen deponiert werden. An weiteren Beispielen zeigte der Referent, wie im Unternehmen nach neuen Vermarktungs- und Einsatzmöglichkeiten für die prozessbedingten, oft sehr feinen Nebenprodukte gesucht wird, um noch mehr Stoffkreisläufe zu schließen.

Regierungsdirektor Michael Heugel, BMUB, Bonn stellte erste Ergebnisse aus dem Planspiel zu Verwertungsfragen nach der ErsatzbaustoffV und BBoSchV vor. Er erläuterte die Vorgehensweise (Zuarbeiten durch Prognos AG und Öko-Institut e.V., Bildung eines Projektbeirats aus Verbänden [Bau, Entsorgung, Wasserwirtschaft], Verwaltung, Einbeziehung der betroffenen Kreise) und die Gestaltung des Planspiels. Bisher tagte der Projektbeirat dreimal, dabei wurden wesentliche Fragestellungen identifiziert, allerdings konnten noch keine Lösungen vorgestellt werden. Trotz vieler offener Fragen ist geplant, im Herbst des Jahres einen Referentenentwurf vorzulegen.

Der Diskussionsstand zur MantelV mit Schwerpunkt Novellierung der BBoSchV war Inhalt des Beitrags von Hon.-Prof. Dr. Jens Utermann, Umweltbundesamt, Dessau-Roßlau. Er ging sowohl auf die strukturellen als auch die inhaltlichen Änderungen gegenüber der seit 1999 geltenden BBoSchV ein. Zu den vorgetragenen ausgewählten Aspekten der inhaltlichen Änderungen zählen u. a. der erweiterte Regelungsumfang der Vorsorgewerte sowie der Gefahrenabwehr und Nachsorge. Heiß umstrittenes Thema sind die TOC-Werte für Verfüllungen (< 1 Ma.-% als TOC400), aber auch die strengeren Grenzwerte für As, Cd und Tl. Die Brisanz dieser Thematik zeigte sich nicht zuletzt in der anschließenden leidenschaftlichen Diskussion der Betroffenen.

Grundsätze für die Anwendung der Geringfügigkeitsschwelle (GFS) an der Schnittstelle Wasserrecht – Abfallrecht – Boden­schutzrecht standen im Beitrag von Dr. Andreas Zeddel, Schleswig-Holsteinisches Landesamt für Landwirtschaft, Umwelt und Ländliche Räume, Flintbek im Fokus. Aufgrund der gesetz­lichen Veränderungen und des Erkenntnisgewinns seit der 2004 durch die Länderarbeitsgemeinschaft abgeleiteten GFS ergeben sich auch hier entscheidende Veränderungen, die vorgestellt und diskutiert wurden.

Schließlich berichtete Ministerialrat Peter Dihlmann, Umweltministerium Baden-Württemberg über Erfahrungen aus dem Interimsvollzug unter dem Thema „Zwischen M20 und Mantelverordnung“. Seine kritische Auseinandersetzung mit den gesetzlichen Regelungen zur Entsorgung bzw.  Verwertung von Bauabfällen nach den alten (M20) und geplanten Regeln (MantelV) brachte ihn zu dem abschließenden Ergebnis, dass Gesetze in ihren konkreten Kernaussagen keine Widersprüche hervorrufen dürfen und Ermessensspielräume schaffen müssen. Die allerorten von der Industrie geäußerten Befürchtungen, wonach durch die MantelV gemäß drittem Arbeitsentwurf weitere Verschärfungen zu einem Entsorgungsrisiko führen könnten, sind tendenziell nachvollziehbar. Eine quantitative Bewertung dürfte jedoch erst nach Vorliegen der Ergebnisse des Planspiels möglich sein.

Erste Erfahrungen bei der Umsetzung der neuen österreichischen Recycling-Baustoffverordnung skizzierte Dipl.-Ing. Roland Starke, BMU, Wien/Österreich. Es hat sich gezeigt, dass Vieles gelungen ist, vor allem in Richtung Qualitätssicherung und Rechtssicherheit durch konkrete, für alle gültige Vorgaben. Die Auswirkungen auf die Recyclingquoten sind noch nicht bekannt. Nachbesserungen sind vor allem im Bereich der privaten Verwertung auf der eigenen Baustelle, der Anpassung der Grenzwerte an geogen bedingte Gesamt- bzw. Eluatgehalte sowie im Bereich der Anwendungsbeschränkungen diskussionswürdig. Es wird über ein neues Berufsbild und eine entsprechende Ausbildung zur „Rückbaukundigen Person“ nachgedacht.

Einen entsprechenden Blick in die Schweiz gestattete Dipl.-Ing. Ursin Ginsig, Eberhard Recycling AG, Kloten/Schweiz, der zur praktischen Umsetzung der dortigen neuen Verordnung über die Vermeidung und Entsorgung von Abfällen (VVEA) und zu den Auswirkungen auf den Bauabfallstrom referierte. Auch seine Einschätzung war – unterlegt durch viele Textbeispiele aus der VVEA – prinzipiell positiv. Es ist zu erwarten, dass Bauabfälle vermehrt einer Nutzung zugeführt werden und sich die Recyclingquoten erhöhen. Die Vollzugstauglichkeit der Verordnung ist allerdings im Hinblick auf den Bauabfallstrom an vielen Stellen nicht gegeben, da klare Formulierungen fehlen. Die Industrie will für die fehlenden Grundlagen (Stand der Technik und Vollzugshilfen) ihren Beitrag leisten.

Statements

Den Abschluss der Vormittagssession bildeten die Stellungnahmen der relevanten Verbände bzw. Vereine zum aktuellen Arbeitsentwurf der MantelV:

● Bundesvereinigung Recyclingbaustoffe (BRB) e. V. und IG der Aufbereiter und Verwerter von Müllverbrennungsschlacken (IGAM), Duisburg – Ass. Jur. Jasmin Klöckner, Geschäftsführerin

● Institut für Baustoff-Forschung e. V., Duisburg – Thomas Reiche, Geschäftsführer des FEhS

● DGAW – Deutsche Gesellschaft für Abfallwirtschaft e.V. – Dr.-Ing. Alexander Gosten, Prokurist BSR Berliner Stadtreinigungsbetriebe, Vizepräsident der DGAW

● Jasmin Klöckner betonte, dass der BRB die Anstrengungen für eine bundeseinheitliche MantelV nach wie vor begrüßt. Der aktuelle Stand ist ein Schritt in die richtige Richtung. Die Ergebnisse des Planspiels müssen in die Verordnung einfließen. Allerdings bedürfen vor allem die BBoSchV einer deutlichen Überarbeitung, die EBV sowie die DepV einer weiteren Harmonisierung. BDE und BRB haben entsprechende Thesenpapiere vorgelegt. Es wird eine zügige Fertigstellung gefordert.

● Thomas Reiche erklärte, dass sich die Stahlindustrie prinzipiell ebenfalls für die bundeseinheitliche MantelV ausspricht, jedoch mit einigen „Aber“. Änderungen sind erforderlich, da sonst 40 % der heute produzierten EBS auf Deponien landen würden. 95 % der Abfälle, die heute in die Anwendungen gelangen, wären zukünftige davon ausgeschlossen. Ein Anpassen der Grenzwerte für bestimmte Stoffe sei erforderlich, da sonst 2 Mio. t EBS und RC-Baustoffe deponiert würden. Unverständlich sei auch der Sinn des Planspiels.

● Dr. Alexander Gosten äußerte sich sehr kritisch, denn er befürchtet, dass verwertbare mineralische Abfälle aus kommunalen Anlagen nach der MantelV deponiert werden müssen, wodurch höhere Gebühren entstehen. Das hehre Ziel der Politik, höhere Recyclingquoten zu erreichen, wird mit der MantelV in der vorliegenden Form nicht gelingen. Das Nichtberücksichtigen der geogenen Belastungen ist ein weiterer Mangel. Sein Fazit: Der Referentenentwurf darf so nicht gesetzlich verankert werden.

In der anschließenden Diskussion wurde von allen drei Vertretern die Plausibilität der vorgesehenen Grenzwerte in Frage gestellt. Es bleibt offensichtlich noch eine Menge zu tun, um alle Beteiligten mit der MantelV zufrieden zu stellen.

Auch die Vorträge der Nachmittagssession waren in der Hauptsache kritische Betrachtungen zu dem dritten Arbeitsentwurf der MantelV. „Dunkle Wolken oder Silberstreif am Horizont?“ fragte Ministerialrat Dr.-Ing. Heinz-Ulrich Bertram, Niedersächsisches Umweltamt, Hannover und zeigte an vielen Beispielen die Unzulänglichkeiten der darin integrierten EBV. Der Entwurf widerspräche dem Grundsatz der Nachhaltigkeit, weil die Aufgabe einer ordnungsgemäßen und schadlosen Verwertung von mineralischen Abfällen nicht gelöst wird und die Besorgung erheblicher Umweltgefährdungen ausgelöst wird. Sein Fazit: es besteht deutlicher Überarbeitungsbedarf, zwar stehen dunkle Wolken am Horizont, aber die Lösung der Defizite ist zu bewältigen. Aus der Sicht eines Betriebsleiters referierte Berthold Heuser, REMEX Mineralstoff GmbH, Düsseldorf über die Recyclingpraxis 2016 vor dem Hintergrund unbefriedigender Verordnungsprozesse und die Notwendigkeit einer bundeseinheitlichen Regelung für EBS wegen Wettbewerbsverzerrungen an den Ländergrenzen (unterschiedliche Verfüllungsregelungen). Er konstatierte dass „die dunklen Wolken bereits da sind“ und belegte diese Äußerung durch zahlreiche Beispiele wie Akzeptanzprobleme bei EBS, die Bevorzugung von Naturprodukten, die Zurückhaltung der öffentlichen Hand oder die sinkenden Verkaufserlöse.

Dr.-Ing. Henning Schliephake, Georgsmarienhütte GmbH, Georgsmarienhütte beschäftigte sich mit der Frage, ob Gesetzesinitiativen zu Ressourceneffizienz und Kreislaufwirtschaft auf nationaler und europäischer Ebene aus Sicht der Stahlindustrie kohärent sind. Er kam zu dem Schluss, dass eine Harmonisierung und Durchsetzung der EU-Gesetzgebung sowie die Implementierung der nationalen Gesetzgebung unabdingbar sind. Im Zusammenhang mit der neuen EBV sieht er 50 % der Schlackenanwendungen in Deutschland bedroht. Sein Plädoyer: „Die Politik muss sich mit der Wissenschaft beschäftigen, denn diese gilt und lässt sich nicht aushebeln.“

Ein wichtiges Thema im Zusammenhang mit der MantelV sind aktuelle Entwicklungen im deutschen und europäischen Deponierecht, vorgetragen von Dr.-Ing. Bernd Engelmann, Umweltbundesamt Dessau-Roßlau. Er stellte eingangs zunächst klar, dass entgegen dem Wunschdenken mancher Politiker Deponien benötigt werden, solange es mineralische Abfälle gibt, die entweder belastet sind und deren Reinigung wirtschaftlich nicht zumutbar ist, oder die nicht verwertet werden dürfen. Dargelegt wurden die bisherigen Änderungen der DepV, die Änderungen des Chemikalienrechts und der Gefährlichkeitsmerkmale von Abfällen, das europäische Circle Economy Package mit den Änderungsvorschlägen zu Deponierichtlinie sowie der Deponiebedarf und die Abfallwirtschaftsplanung in Deutschland. Im Zusammenhang mit der MantelV ist ein Fakt problematisch: in der DepV ist ein anderes Eluatverfahren fixiert als in der EBV. Dieser Grenzwertkonflikt scheint im Moment unlösbar zu sein. Außerdem sind von der EU keine ambitionierten Regelungen für Deponien zu erwarten.

Fachspezifische Referate

In die vier Parallelveranstaltungen des zweiten Konferenztages mit wissenschaftlich-technischen Themen war für den Bereich Deponien, der im Zusammenhang mit der MantelV wieder eine höhere Relevanz erlangt, eine eigene Vortragsreihe eingerichtet worden. Insgesamt wurden in den einzelnen Sektionen technische Verfahren, wissenschaftliche Untersuchungen, Projekte, aber auch Betriebserfahrungen und Anlagen vorgestellt. Aus der Fülle der Vorträge können im Rahmen dieses Berichts nur einige stellvertretend aufgeführt und kurz skizziert werden.

1. Aufbereitung von Verbrennungsaschen
und Rückgewinnung von Flugaschen

Mit einem sehr informativen Übersichtsvortrag zur Aufbereitung von Abfallverbrennungsaschen eröffnete Prof. Dr. Rainer Bunge, Hochschule für Technik, Rapperswil, Schweiz diese Sektion. Dipl.-Ing. Florian Huber, TU Wien stellte ein alternatives Konzept zum Flugaschemanagement der Stadt Wien vor und Prof. Dr.-Ing. Thomas Pretz, RWTH Aachen erläuterte den Stand der Technik bei der Aufbereitung der Rostasche-Feinfraktion < 10 mm. Diese Fraktion hat mit der Verlagerung der Aufbereitungsziele bei Rostaschen in Richtung Metalle an Bedeutung gewonnen. Die Aufbereitungsprozesse mit angepasster Klassier- und NE-Metall-Sortiertechnik wurden zunehmend in Bereiche höherer Feinheit verschoben. Die Einsatzgrenze für konventionelle trockenmechanische Verfahren liegt heute bei rd. 2 mm. Neuere Entwicklungen wenden ein Aufschlussverfahren mit Pralltechnik für eine anschließende Sortierung an. Dabei wurde die untere Korngrenze sogar in den Bereich um 0,5 mm verschoben. Genauso werden Nassverfahren erfolgreich für die Gewinnung der Metalle aus Feinstfraktionen eingesetzt.

Auch in der Schweiz widmet man dieser Thematik, wie Martin Schmidt, LAB GmbH Zug, Cham, Schweiz mit seinem Beitrag „Rückgewinnung von Metallen aus der Feinfraktion von Abfallverbrennungsaschen“ darlegte. Dazu wurde ein Nassverfahren für die Fraktion < 2 mm der ohnehin nass anfallenden MV-Schlacke (Rost- und Kesselasche) entwickelt und als RecuLABTM zum Patent angemeldet. Das Rückgewinnungspotenzial an schweren NE-Metallen (Au, Ag, Cu, Zn) aus der Fraktion 0 – 2 mm beträgt 0,3 – 0,6 % bezogen auf den Schlackeninput 0 – 100 mm. Die Wirtschaftlichkeit des Verfahrens ist in starkem Maße von den Weltmarktpreisen abhängig. Es wurde bereits eine Pilotanlage in Turmbauweise errichtet. Sie kann ohne weiteres in die Nassentschlackungsanlage einer MVA eingebaut werden.

In Österreich beschäftigt man sich ebenso mit der Rückgewinnung von Rohstoffen, vor allem Metallen aus MVA-Schlacken, wobei ein besonderes Augenmerk auf die schwierig aufbereitbaren Feinmetalle und Edelstähle gelegt wird. Ing. Gerhard Stockinger, Brantner Walter GmbH, Purgstall/Österreich präsentierte das sog. Brantner Wet SlagTreatment-Verfahren und stellte erste Betriebsergebnisse der Anlage in Hohenruppersdorf/Österreich vor. Mit dem Verfahren werden Metallkonzentrate für den Schrotthandel sowie für Al- und Cu-Hütten hergestellt. Die entmetallisierte Schlacke ist gemäß den gesetzlichen Regelungen für den Straßenbau geeignet, kann aber auch als Zuschlagstoff für die Betonherstellung genutzt werden. Der Restschlamm hat ein hohes CO2-Bindungspotenzial, sodass man von einer CO2-neutralen MVA sprechen kann. Aus den Niederlanden kam ein Beitrag, der sich ebenfalls mit Aschen aus Abfallverbrennungsanlagen befasste. Ing. Huub Creuwels, SGS Intron B. V., Sittard, Niederlande berichtete über Ergebnisse mit aufbereiteter MVA-Schlacke als Zuschlagstoff bei der Herstellung von Betonpflastersteinen. Dadurch können im Beton für konstruktive Anwendungen bis 20 % und in nicht-konstruktiver Anwendung bis 50 % Sand und Kies durch sog. AEC-Granulat ersetzt werden. Qualitätssicherung (zusätzliche Anforderungen an Rohdichte, Gehalte an metallischem Al, Zn, Sulfat, Alkalien u. a.) und -kontrolle spielen eine wichtige Rolle.

2. Nebenprodukte der Metallurgie

Seit mehr als drei Jahrzehnten werden Stahlwerksschlacken – LD-Konverter-, Elektroofen- sowie Edelstahlschlacke und sekundär-metallurgische Schlacken – im Bauwesen, beispielsweise im Wege- und Straßenbau, im Deponie- oder Wasserbau eingesetzt. Durch die neue EBV in der MantelV ist die Anwendung vieler der genannten Schlacken nicht mehr möglich, denn nur noch die höchste Qualitätsklasse gehorcht den Anforderungen an und der Einstufung als ein Nebenprodukt. Ein Grund sich mit dieser Thematik nicht nur politisch, sondern vor allem auch fachlich auseinanderzusetzen. Und so fehlte es nicht an Beiträgen zu diesem für Kreislaufwirtschaft, Nachhaltigkeit und Ressourcenschonung so wichtigen Thema. Stellvertretend sei der Vortrag von Dr.-Ing. Dirk Murdersbach, Max Aicher Umwelt GmbH, Meitingen et. al. genannt, der über Untersuchungen zur Verbesserung der Eigenschaften von Elektroofenschlacke mit dem Ziel der Beibehaltung des Produktstatus mit den entsprechenden Qualitätsmerkmalen referierte. Diesem Thema widmeten sich auch Dipl.-Ing. Frank Dardemann, Lösche GmbH, Düsseldorf und Coautoren in ihrem Beitrag „Stahl- und Stahllegierungsschlacken – ein Überblick über die technischen Möglichkeiten der Aufbereitungstechnik bei der Verwertung der Metall- und mineralischen Fraktion“ oder Dr. rer. nat. Michael Dohlen, thyssenkrupp MillServices & Systembau GmbH, Oberhausen („Verwendung von LD-Schlacke im Wege- und Flächenbau“). 

Erwähnenswert ist der Beitrag von Dr.-Ing. Leila Miganei, Prof. Dr.-Ing. habil. Eberhard Gock, TU Clausthal u.a. über die „Rückstandsfreie Aufarbeitung von Schlacken der ehemaligen Mansfelder Kupferschieferverhüttung“. Immerhin lagern 66 Mio. t Kupferhüttenschlacken im Mansfelder Land, für die es bis heute kein rückstandfreies Verwertungsverfahren gibt. Es handelt sich um ein vom BMBF gefördertes Verbundprojekt mit der Loser Chemie GmbH, von dem im Vortrag das Konzept der TU Clausthal vorgestellt wurde. Das Verfahren beruht auf mechanischen (Sortierung, Zerkleinerung und Klassierung), thermischen (Nachrösten bei 800 °C) und nasschemischen (Laugung, Fällung, Komplexbildung, Extraktion, Kristallisation) Verfahrensstufen. Es werden 4 Produkte erzeugt: Strahlmittel für den Korrosionsschutz, Zuschlagstoff für die Zementindustrie, Metallsalzlösung (Cu, Ni, Co, Zn, Ce) für die metallurgische Industrie zur Reinmetallgewinnung und ein Spezialdünger. Mit Produkt vier werden die Kosten für die erforderlichen Reagenzien kompensiert. Der kalkulierte Gesamterlös (750 €/t Kupferschlacke) lässt eine wirtschaftliche Umsetzung des patentierten Verfahrens erwarten und einer technischen Umsetzung dürfte nichts im Wege stehen.

Den sächsischen Bergbauhalden, ebenfalls eine nicht zu unterschätzende Rohstoffquelle, widmete sich Philipp Büttner, Helmholtz-Institut Freiberg für Ressourcentechnologie, Freiberg unter dem Thema „Re-Mining – Gewinnung strategischer Metalle und anderer Mineralien aus sächsischen Bergbauhalden“.

3. Bauabfälle

Vielfältig waren die Vortragsthemen in dieser Sektion, angefangen bei der Verwertung  von Porenbetonbruch über gipshaltige Abfälle bis hin zu teerhaltigem Straßenaufbruch, wobei versucht wird, unter Berücksichtigung der Ökonomie möglichst hochwertige Recyclingprodukte zu erhalten. So skizzierte Dipl.-Ing. Frank Hlawatsch, RWB e. V., Bremen hochwertige Verwertungswege für Porenbetonbruch in Mörteln und Leichtsteinen für Mauerwerk. Um die riesigem Mengen mineralischer Bauabfälle < 2 mm – immerhin rd. 5 Mio. t/a in Deutschland – einer hochwertigen Verwertung zuzuführen, wurde das Verbundprojekt BauCycle aufgelegt, über das Dipl.-Min. Sebastian Dittrich, Fraunhofer Institut für Bauphysik, Valley berichtete. Die Aufbereitungsanlage für Gipskartonplattenabfälle (Produktionsabfälle, Abschnitte beim Neubau, Ausbau und der Renovierung von Gebäuden)  in Deißlingen – seit Ende 2014 in Betrieb – stellte Ronald Vogt, Strabag Umwelttechnik GmbH, Darmstadt vor. Er unterstrich die Bedeutung der Sortenreinheit der Eingangsstoffe für die Erzeugung eines Produktes, das durch die gipsverarbeitende Industrie erneut eingesetzt werden kann. Insofern ist eine entsprechende Sensibilität sowohl der Recycling- als auch der Baufirmen für die Problematik erforderlich. Schließlich zeigt Dr. Georg Silvers, Max Wild GmbH, Berkheim die abfall- und umweltrechtlichen Aspekte, aber auch die Möglichkeiten zur Aufbereitung von Bohrschlämmen aus Horizontal- und Vertikalbohrungen auf. Es bedarf unbedingt auch hier einer bundeseinheitlichen Regelung für eine ordnungsgemäße Entsorgung. Als wesentliches Element wurde von dem Referenten die Festlegung einheitlicher Qualitätsanforderungen für recycelte Bohrspülungen (technische und umweltrelevante Parameter) genannt.

4. Deponien

Das Interesse an der Thematik war sehr groß, denn selbst die Politik musste einsehen, dass es eine Zero-Waste-Gesellschaft nicht geben wird und stattdessen gewisse Mengen an behandelten Abfällen auch zukünftig deponiert werden müssen. Die Themen der Vorträge umspannten den Rückbau von Deponien, die Planung und Errichtung neuer Deponien sowie die Nutzung bestehender Deponiestandorte.

Zum Rückbau von Deponien hielt beispielsweise Prof. Dr.-Ing. Gerhard Rettenberger, Ingenieurgruppe RUK GmbH, Longuich einen Übersichtsvortrag. Ing. Reinhard Göschl, IUT GmbH, Pitten, Österreich referierte über die Praxis des Deponierückbaus am Beispiel einer Deponie mit einem Ablagerungsvolumen von 7,5 Mio. m³.

Dr. Ulrich Stock, LfUG Brandenburg, Potsdam/Groß Glienicke stellte die den Stand der Planung von Deponien für mineralische Abfälle in Berlin und Brandenburg dar. Erfahrungen aus der Genehmigungs- und Gerichtspraxis bei der Beantragung neuen Deponieraumes für die Klassen DK 0 und DK I teilte RA Dr. Peter Kersandt, Andrea Versteyl, Rechtsanwälte Berlin mit.

Die Nutzung bestehender Standorte nach dem Prinzip Deponie auf Deponie war Gegenstand des Beitrags von Dr.-Ing. Kai-Uwe Heyer, Ing.-Büro f. Abfallwirtschaft Prof. Stegmann & Partner, Hamburg und auch PD Dr.-Ing. habil. Albrecht Palm widmete sich diesem Thema mit seinem Beitrag „Errichtung einer DeponieDK II auf einem Altstandort“.

Schlussbemerkungen

Wie erwartet zeichnete sich die Berliner Konferenz „Mineralische Nebenprodukte und Abfälle“ auch in diesem Jahr durch eine hochaktuelle Thematik, kompetente Referenten und ein breit gefächertes Themenspektrum aus. Dazu kommt die hervorragende Organisation der Veranstaltung durch den TK Verlag Neuruppin. Hohe Vortrags- und Pausendisziplin erlaubten wiederum den Besuch einzelner Vorträge in den verschiedenen Parallelsektionen. Neben der Diskussion im Anschluss an die Vorträge gab es genügende Gelegenheiten – sei es in den Konferenzpausen oder bei der Abendveranstaltung, um sich auszutauschen und offene Fragen im persönlichen Gespräch zu klären. Die nun schon traditionelle internationale Beteiligung durch Referenten und Moderatoren aus Österreich, der Schweiz und der Niederlande ist eine Bereicherung, die Einblick in den Rechtsrahmen, aber auch das technische ­Niveau des Recyclings von mineralischen Nebenprodukten und Abfällen in unseren Nachbarländern gestattet. Die Notwendigkeit von Ressourcenschonung und Nachhaltigkeit führt immer wieder zu innovativen Verfahren und lässt Wissenschaftler und Techniker nach Lösungen für die Wertschöpfung schwierige Materialien suchen. Davon zeugten die vielen Beiträge in den Fachsektionen. Unbefriedigend bleibt der Stand der Ratifizierung der MantelV. Doch – was lange währt, wird gut! Mit dieser Zuversicht sehen wir der nächsten Berliner Tagung entgegen.

Die meisten der in das Tagungsprogramm aufgenommenen Vorträge sind in „Mineralische Nebenprodukte und Abfälle 3 – Aschen, Schlacken Stäube und Baurestmassen –“, TK Verlag Karl Thomé-Kozmiensky, Neuruppin 2016, ISBN 978-3-944310-28-2 enthalten.

Die nächste Berliner Konferenz „Mineralische Nebenprodukte und Abfälle“ findet am 26. Juni und 27. Juni 2017 in Berlin statt.

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