Abschied von Franz-Walter Aumund: Die AUMUND Gruppe war sein Leben

Franz-W. Aumund (1944–2023) stieg 1966 in dritter Generation in das Unternehmen ein, wurde 1982 zum Geschäftsführer berufen und war nach dem Tod seines Vaters Günter-Claus Aumund 1984 als Geschäftsführender Gesellschafter tätig. Seit 2022 war Franz-W. Aumund Vorsitzender des AUMUND-Beirats
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Franz-W. Aumund (1944–2023) stieg 1966 in dritter Generation in das Unternehmen ein, wurde 1982 zum Geschäftsführer berufen und war nach dem Tod seines Vaters Günter-Claus Aumund 1984 als Geschäftsführender Gesellschafter tätig. Seit 2022 war Franz-W. Aumund Vorsitzender des AUMUND-Beirats
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Am 4. Februar 2023 ist Franz-W. Aumund, Gesellschafter, Beiratsvorsitzender und langjähriger Vorsitzender der AUMUND-Geschäftsführung, nach kurzer schwerer Krankheit im Alter von 78 Jahren verstorben. Mit Franz-W. Aumund verliert die AUMUND Gruppe die prägende Persönlichkeit ihrer 100-jährigen Geschichte. Seinem mehr als 50 Jahre währenden, unermüdlichen Einsatz für das Unternehmen ist es zu verdanken, dass AUMUND-Produkte und Service-Leistungen heute weltweit das Synonym für Innovation, Qualität und Zuverlässigkeit sind. Franz-W. Aumunds strategischer Weitblick, sein Gespür für die Bedürfnisse der Kunden und seine fachliche Kompetenz wurden von allen Seiten geschätzt.

Ausgestattet mit einem ausgeprägten Vertriebsgen, aber auch mit strategischem Weitblick, Augenmaß und außerordentlichem persönlichen Engagement sowie unterstützt durch kompetente und hochmotivierte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ist es Franz-W. Aumund in rund 55 Jahren gelungen, die Unternehmensgruppe zu einem global agierenden Mittelständler zu entwickeln und AUMUND als Weltmarke für Lager- und Fördertechnik im Hochleistungsbereich von Schüttgütern zu etablieren. Mit ca. 24.000 Referenzen in rund 150 Ländern zählt die AUMUND-Gruppe, für die heute rund 500 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aus über 30 Nationen tätig sind, zu den Global Playern und Technologieführern.

 

Einstieg im Jahr 1966

Nach seiner Ausbildung zum Bankkaufmann und dem Studium der Finanzwirtschaft in England und der Schweiz trat Franz-W. Aumund 1966 in das Unternehmen ein, das sein Großvater Prof. Dr. h.c. Heinrich Aumund 1922 gegründet hatte und das zu der Zeit von seinem Vater Günter-Claus Aumund geleitet wurde.

Das Ziel von Franz-W. Aumund, der 1968 die Vertriebsleitung übernahm, war schon früh die weltweite Vermarktung der AUMUND-Maschinen. Er erkannte, dass das größte Wachstumspotenzial für das Unternehmen im internationalen Geschäft lag. 1975 wurden unter seiner Ägide die AUMUND-Niederlassungen in Brasilien und Kanada gegründet, 1980 folgten die USA, 1991 Frankreich, 1996 Indien und 2005 Hongkong. Der bereits 1994 eröffneten AUMUND-Repräsentanz für Technik, Einkauf und Produktion in Beijing folgte dort 2006 die Gründung der AUMUND-Niederlassung China. In Russland und Dubai ist AUMUND seit 2008 bzw. 2010 mit eigenen Vertriebsbüros vertreten, 2022 wurde das Büro Indonesien gegründet. Aufgrund der dynamischen Entwicklung des internationalen Geschäfts wurde 2001 die Dachgesellschaft AUMUND Holding B.V. in den Niederlanden gegründet, von der aus die weltweiten Vertriebsaktivitäten gesteuert sowie das Konzerncontrolling und das zentrale Marketing betrieben werden.

Wie vorausschauend es von Franz-W. Aumund war, die AUMUND Gruppe international aufzustellen und sich nicht nur von einem Markt oder einer Branche abhängig zu machen, zeigte sich gerade in wirtschaftlich schwierigen Zeiten. „Die weltweiten Standorte gewährleisten eine größtmögliche Nähe zu den Kunden und ermöglichen so den Aufbau und die Pflege eines langjährigen gegenseitigen Vertrauens, das auch durch eine Krise wie zuletzt die Corona-Pandemie, der mit der gebotenen Umsicht und den notwendigen Maßnahmen begegnet wurde, nicht getrübt werden konnte“, schreibt Franz-W. Aumund in der 2022 erschienenen Festschrift „100 Jahre AUMUND – Gestern. Heute. Morgen.“

  Für die finanzielle und ideelle Förderung von Studierenden wurde Franz-W. Aumund 2013 zum Ehrensenator der Hochschule Koblenz ernannt
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Für die finanzielle und ideelle Förderung von Studierenden wurde Franz-W. Aumund 2013 zum Ehrensenator der Hochschule Koblenz ernannt
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Mergers & Acquisitions gezielt eingesetzt

Eine wichtige Quelle für den Ideenreichtum und die Innovationskraft der AUMUND Gruppe sind Akquisitionen. Durch die Zukäufe der Maschinenfabrik LOUISE GmbH (1991) und der WTW Engineering Maschinen- und Förderanlagen GmbH (2006) erweiterte AUMUND sein Produktspektrum und sein Produkt-Know-how um Bunkerentleerungswagen und Trogkettenförderer. In dieses Portfolio passten der Kauf des Ersatzteilgeschäfts für Silo-Austragssysteme der Maschinenfabrik Besta & Meyer GmbH (2014) und in Zusammenhang mit Becherwerken das Ersatzteilgeschäft der KoWey GmbH (2021). Franz-W. Aumund sicherte die Betreuung des Kundenstamms aller Unternehmen, bündelte die Servicekompetenz und nutzte sie zum Ausbau des eigenen Serviceangebots. Wo es sinnvoll war, floss das Know-how in die Weiterentwicklung der AUMUND-Produkte ein oder Maschinen wurden in das eigene Programm übernommen.

Diversifikation war die Strategie von Franz-W. Aumund bei der Übernahme der Dortmunder Gustav Schade Maschinenfabrik GmbH – heute SCHADE Lagertechnik GmbH – und der britischen B&W Mechanical Handling Ltd – heute SAMSON Materials Handling Ltd – in den Jahren 2001 und 2002. Beide Firmen bedienen benachbarte Marktsegmente von AUMUND. SAMSON vermarktet und stellt mobile Materialförderer her, die wie Schiffsbelader und Eco Hopper vor allem in Hafenterminals sowie in industriellen Anwendungen zum Einsatz kommen. SCHADE konstruiert und liefert Geräte wie Kratzer und Absetzer für Schüttgutlagerplätze sowie Mischbetten, die besonders für den Umschlag von Schüttgütern in verschiedenen Schlüsselindustrien gefragt sind. Die Eisenbahnwaggonkipper, die zunächst AUMUND patentiert und vertrieben hat, wurden Anfang der 2010er-Jahre in das SCHADE-Portfolio übertragen, und zu weltweitem Erfolg geführt.

Mit der Akquisition der Th. Tilemann GmbH Gelenkketten- und Räderfabrik, Essen/Deutschland, erwarb die AUMUND Gruppe 2016 einen erfahrenen Hersteller von hochwertigen Ketten und dazugehörigen Komponenten. Im Zuge der Integration ist das in TILEMANN GmbH umbenannte Unternehmen mit modernster Fertigungs- und Montagetechnik sowohl für AUMUND-Becherwerksketten als auch für Förderketten für Hersteller von Lager- und Mischbettgeräten sowie Kratzerförderern – darunter SCHADE – aufgestellt.

 

Die Nachfolge ist geregelt

Mit Weitblick hat Franz-W. Aumund auch seine Nachfolge geregelt und für unternehmerische Kontinuität gesorgt. Mitte 2022 übergab er seine operativen Aktivitäten an die Geschäftsführung der AUMUND Fördertechnik GmbH, Rheinberg/Deutschland, in Person von Dr. Pietro de Michieli, Reiner Furthmann und Uwe Altena. „Ich bin mir sicher, dass die Unternehmensgruppe und somit auch der Name AUMUND – unabhängig von meiner Person – durch das jetzige Management langfristig erhalten bleiben wird und darüber hinaus Potenzial hat, weltweit weiter zu wachsen“, sagte Franz-W. Aumund anlässlich der 100-Jahr-Feier des Unternehmens.

Bei aller Strategie, Weitsicht und Internationalität war Franz-W. Aumund der Umgang mit seinen verdienten Mitarbeitern und Ruheständlern sehr wichtig. Jährlich lud er die Jubilare zu Ehrungen und – zuletzt am 8. Dezember 2022 – die Rentner zur gemeinsamen Weihnachtsfeier in Rheinberg ein.

  Franz-W. Aumund in angeregter Unterhaltung mit zwei Schülerinnen der Sagar School, Indien. Die Schule gehört zum internationalen „Round Square“-Verbund. Die Aumund Foundation vergibt Stipendien für Kinder aus benachteiligten Familien, um den jungen Menschen den Besuch einer „Round Square“-Schule zu ermöglichen
© AUMUND

Franz-W. Aumund in angeregter Unterhaltung mit zwei Schülerinnen der Sagar School, Indien. Die Schule gehört zum internationalen „Round Square“-Verbund. Die Aumund Foundation vergibt Stipendien für Kinder aus benachteiligten Familien, um den jungen Menschen den Besuch einer „Round Square“-Schule zu ermöglichen
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Einsatz für soziale Belange und Bildungsförderung

Der Name Franz-W. Aumund steht aber nicht nur für innovative Zielsetzungen und das rechtzeitige Erkennen weltwirtschaftlicher Bewegungen, sondern auch für Offenheit gegenüber der Vielfalt von Kulturen, Menschen und der Kunst sowie für ein weltweites soziales Engagement. Die schon von Großvater und Vater gelebte Philosophie, persönliches und unternehmerisches Know-how an junge Menschen weiterzugeben, machte sich Franz-W. Aumund zu seiner eigenen Verpflichtung und Richtschnur.

Die 2006 gegründete Franz-W. Aumund-Stiftung fördert unter dem Leitsatz „Bildung und Erziehung junger Menschen sind die wertvollste Investition in die Zukunft“ Projekte in den Bereichen Wissenschaft & Forschung sowie Bildung & Erziehung. Zunächst lag der Fokus auf der Vergabe von Stipendien. Seit der strategischen Neuausrichtung der Stiftung im Jahr 2014 stehen soziale Bildungsprojekte im Vordergrund, wobei der geografische Schwerpunkt ab 2020 auf Deutschland liegt.

Die AUMUND Fördertechnik hat den Schwerpunkt ihrer sozialen Aktivitäten auf die Förderung von Studierenden und die Vergabe von Stipendien gelegt. Jahr für Jahr steigt die Zahl der Studierenden, die mit Unterstützung von AUMUND ein technisches Studium absolvieren. Darüber hinaus ermöglichen die Unternehmen der AUMUND Gruppe den Stipendiaten Auslandsaufenthalte. Im Rahmen des sozialen Engagements der AUMUND Gruppe unterstützen die Unternehmen zudem selbst weltweit lokale Projekte.

Das Jahr 2019 stand im Zeichen der Gründung der ebenfalls von Franz-W. Aumund privat initiierten Aumund Foundation, die sich als strategische Erweiterung in der Förderung insbesondere um humanitäre und medizinische Projekte im Ausland kümmert. 

100 Jahre nach der Unternehmensgründung schloss sich im April 2022 der Kreis mit der Einrichtung und Finanzierung der Prof. Heinrich Aumund-Stiftungsprofessur an der Hochschule für Technik und Wirtschaft in Berlin, mit der Franz-W. Aumund seinem Großvater ein ideelles Denkmal setzte.

www.aumund.com


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