TH-Studierende erkunden Tunnelbau am Brenner

3 – 2 – 1 – Sprengung! Innerhalb von Sekundenbruchteilen zünden die Ladungen in den Bohrlöchern – genau getimt, in einem präzisen Bogen von innen nach außen. Steine bersten, Staub wirbelt auf. Mit bis zu 8000 m/Sek breiten sich die Detonationsstöße im Gebirge aus. Die Druckwellen erschüttern schubweise auch sieben Studierende der Technischen Hochschule (TH) Georg Agricola, die in 500 m Sicherheitsabstand die Sprengung im Brenner Basistunnel beobachten. Auf einer eindrucksvollen Exkursion zur größten Tunnelbaustelle Europas lernten sie jetzt – extrem praxisnah – die verschiedenen Arten des Streckenvortriebs kennen und trafen dabei auch auf alte Bekannte vom TH-Campus.

 

Für angehende Geotechniker, Rohstoffingenieure und Nachbergbau-Experten ist der Brenner Basistunnel ein Ort der Superlative: Bis 2025 entsteht unter dem Alpenmassiv die längste unterirdische Eisenbahnverbindung der Welt. 64 km lang wird die neue Strecke zwischen Österreich und Italien. Mit allen Röhren, Querschlägen und Erkundungsstollen erreicht das Tunnelsystem sogar eine Gesamtlänge von rund 250 km. „Die Sprengung dauert letztlich kaum mehr als eine Sekunde, weitaus mehr Zeit stecken in Planung, Vorbereitung und Nachsorge“, wissen die erfahrenen Exkursionsleiter Prof. Dr. Frank Otto und Prof. Dr. Ludger Rattmann von der TH. „Hinter einem gelungenen Streckenausbau stehen viele Komponenten, die bedacht werden müssen – etwa eine komplexe Infrastruktur, die unsere Studierenden hier live erleben können.“

 

Um die reibungslosen Abläufe auf der Baustelle kümmert sich auch Diplomingenieur Lars Knappstein, der vor einigen Jahren seinen Abschluss an der TH in Bochum gemacht hat. Nun zeigt er den Studierenden seinen aufregenden Arbeitsplatz in Tirol. Nach jeder Sprengung führt der 30-Jährige laserscanbasierte Messungen am Gestein durch: Wurde das vorgesehene Tunnelprofil möglichst genau erreicht? Wo muss vielleicht nachgebessert werden? Und wie ist der weitere Fels beschaffen? Eine anspruchsvolle Aufgabe für Ingenieurinnen und Ingenieure, die bei den Besuchern aus Bochum Eindruck hinterlässt: „Nach dem Studium würde ich auch unheimlich gerne an so einem großen Projekt mitarbeiten – auch wenn man unter Tage nur wenig Sonne sieht“, sagt Katrin Maslowsky, die an der TH Geoingenieurwesen und Nachbergbau studiert. In Vorlesungen zur Geophysik hat sie bereits die nötige Theorie gelernt. In der Exkursion kann sie ihr Wissen anwenden: „Vor Ort versteht man einfach noch besser, was bei den Abläufen zu beachten ist, zum Beispiel beim Thema Sicherheit oder beim Umweltschutz.“

 

Besuch bei Herrenknecht

Weitere Methoden des Tunnelbaus lernten die Studierenden bei der Firma Herrenknecht im badischen Schwanau kennen. Ein Vortrieb im Gebirge kann nämlich nicht nur gesprengt – der Bergmann sagt „geschossen“ – werden. Im Brenner Basistunnel wie auf anderen Tunnelbaustellen der Welt kommen gigantische Bohrmaschinen zum Einsatz, die sich durch den Untergrund fräsen. Bei einer Werksführung gewannen die TH-Studierenden einen kleinen Eindruck von den Ausmaßen dieser Spezialgeräte.

 

Bis zu 200 m lang und mindestens 3000 t schwer ist so ein Koloss, erklärt Prof. Otto: „Die gesamte Logistik ist hier bereits eingebaut. Während vorne der Bohrer läuft, wird hinten das Material abtransportiert und der Tunnel gesichert und ausgebaut.“ Die Technik ist international gefragt und macht die Firma Herrenknecht zum Weltmarktführer für alle Arten maschineller Tunnelvortriebstechnik. Ihr erfolgreicher Gründer, Seniorchef Martin Herrenknecht, hat seinen Abschluss zum Diplomingenieur übrigens auch an einer Fachhochschule gemacht – ein überzeugendes Pro für ein praxisnahes Studium wie das an der TH Georg Agricola. (Redaktion: Carmen Tomlik)

 

www.thga.de


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