Ein echter „Abräumer”

Bell B45E 4x4 bei Ostrauer Kalkwerken

Seit Anfang 2025 bewährt sich ein knickgelenkter Muldenkipper Bell B45E 4x4 als neue Schlüsselmaschine im Dolomit-Abbau der Ostrauer Kalkwerke. Die Entscheidung für den 41-Tonner fiel nach beeindruckenden Praxiserfahrungen unter Extrembedingungen in der winterlichen Abraumkampagne. Als Teil einer Systemlösung des Bell-Vertriebspartners Kiesel sichert der Allrad-Zweiachser jetzt den wirtschaftlichen Transport in Produktion, Flächenerschließung und -verfüllung.

Der Abbau und die Verarbeitung von Dolomit als natürlicher Grundstoff für die mineralische Optimierung von Böden in der Land- und Forstwirtschaft haben eine lange Tradition in Sachsen. Alleine in der Region Döbeln – auf halber Strecke zwischen Leipzig und Dresden – wurde das kalzium- und magnesiumhaltige Mineral bis Mitte des vergangenen Jahrhunderts in gleich mehreren Betrieben abgebaut. Letzter verbliebener Produzent sind die Ostrauer Kalkwerke im gleichnamigen Ortsteil der Gemeinde Jahnatal, die nach der Privatisierung im Zuge der Wende Mitte 1991 von den heutigen Eigentümern um Geschäftsführer Ulrich Dürasch übernommen wurden.

Heute arbeiten insgesamt 35 Menschen im Unternehmen, das parallel zu umfangreichen Investitionen in Aufbereitungstechnik und Logistik über die vergangenen Jahre auch sein Lieferprogramm deutlich ausweitete. Neben Dolomitkalkprodukten für die Landwirtschaft, die über Vertriebspartner deutschlandweit und ins angrenzende Ausland geliefert werden, kam eine eigene Linie an hochwertigen Stallhygiene-Produkte hinzu. Auch die übrigen im rund 25 ha großen Steinbruch anfallenden Rohstoffe werden gezielt vermarktet: In die Landschafts- und Flächengestaltung wandert das charakteristische ocker-, anthrazit- bis rotfarbene Gestein als Tragschichten, Splitt- und Schottermischungen oder kommt als Gabionenfüllung zum Einsatz. Lehmbaustoffe sowie die einschlägigen Gesteinskörnungen für den Straßen- und Wegebau runden das Lieferangebot der Ostrauer Kalkwerke ab, die zudem unbelasteten Bauschutt und Böden zur fachgerechten Wiederaufbereitung oder Verfüllung annehmen.

 

Förderkette neu aufgezogen

Mit Mächtigkeiten von 10 bis 20 m steht der Plattendolomit in Ostrau an und wird im Sprengverfahren selektiv abgebaut. Zuvor allerdings muss die bis zu 25 m hohe Überdeckung aus Oberboden und mergelhaltigen Material abgetragen und im Zuge der fortlaufenden Rekultivierung nach Plan verfüllt werden. Bei weiterlaufender Produktion der auf max. 300 t/h ausgelegten Aufbereitung sind dafür mehrere Monate in der absatzärmeren Wintersaison veranschlagt.

Rund 200 000 m³ Abraum auf gut 1,5 ha Fläche fielen für die Kampagne 2025 von Januar bis Mitte April an. In Schichten bis 2 m trug dabei der 2022 übernommene 50-Tonnen-Großbagger Hitachi ZX 490 LCH-7 mit 3,2-m³-Tieflöffel das Material direkt ab. Übernahmen in den vergangenen Jahren bis zu 4 angemietete 30-Tonnen-Knicklenker den Transport auf den rund 1000 m langen und bei widriger Witterung sehr anspruchsvollen Umläufen zur Halde, setzten die Ostrauer Kalkwerke erstmals in diesem Jahr auf den knickgelenkten Allrad-Zweiachser Bell B45E 4x4.

Der 41-Tonner kam im Zuge eines Feldtests Anfang Januar nach Ostrau, bei dem seine Eignung als Ganzjahres-Allrounder innerhalb einer Systemlösung des Bell-Vertriebspartners Kiesel auszuloten war. Gemeinsam mit einem bestehenden 35-Tonnen-Starrrahmenkipper als „Backup“ soll er im Zusammenspiel mit dem Hitachi-Großbagger sowie einem 4,5-m³-Radlader Hitachi ZW310 die Versorgung der meist im Zwei-Schichtbetrieb arbeitenden Aufbereitung übernehmen.

„Die Integration des Bell B45E 4x4 in die Ostrauer Produktionsabläufe verlief wie erwartet problemlos,“ berichtet Walter Michels, Kiesel Product Manager Muldenkipper, und beim Bell-Vertriebspartner mit verantwortlich für die Systemlösungen im Bereich Gewinnung. „Alle Parameter passten: Beginnend mit der Ladeleistung ab Haufwerk, wo die mit Muldenerhöhung und Heckklappe gehäuft rund 28,5 m³ fassende Gesteinsmulde einen sehr guten Füllgrad gewährleistet und damit die Chargenleistung immer bei den nominellen 41 t des Bell B45E 4x4 hält.” Auch auf den rund 2000 m langen Umläufen mit Steigungen bis 20 % spielt der Bell-Zweiachser seine Stärken voll aus. „Der Allrad-Antrieb und die vollautomatische Retarder-Funktion an allen vier Rädern bieten auf der Strecke ein Sicherheitsplus, das sich gerade im Ostrauer Kalkwerk mit seinem ganzjährigen Mehrschichtbetrieb direkt in eine garantierte Verfügbarkeit übersetzen lässt.“

 

Bewährungsprobe unter Extrembedingungen

„Natürlich bezogen wir auch den Abraum-Einsatz in unsere Berechnungen mit ein,“ erklärt Walter Michels. „Auf dem Papier stimmte wiederum alles – unsere ersten Eindrücke vor Ort ließen jedoch durchaus Zweifel an der 100 %igen Eignung des Allrad-Zweiachsers aufkommen.“ Bei extrem feuchter Witterung gruben sich selbst 6x6-Dumper auf besonders lehmig-sandigen Passagen regelrecht ein. Auch bei ständigem Wechsel der Fahrspuren wurden diese Stellen oft so schwer passierbar, dass ein produktiver Transport kaum mehr möglich war.

Dennoch nahm das Ostrauer Team um Werkstattleiter Enrico Hoffmann die Herausforderung an. Mehr noch: Aufgrund des Nutzlast- und Volumen-Vorteils des Bell B45E 4x4 schickte man nicht wie bisher 4 Mulden ins Rennen, sondern stellte dem Zweiachser lediglich 2 angemietete 6x6-Dreißigtonner zur Seite. Durchschnittlich rund 44 t der stark bindigen Fracht wies die serienmäßige Onboard-Waage des Bell-Zweiachsers aus – mit 17,5-m³-Mulden kamen die eingesetzten Dreißigtonner auf Einzelchargen von knapp über 28 t.

Auch auf den im Abraum knapp 1000 m langen Umläufen mit Steigungen bis 20 % bewährte sich der Bell-4x4, der die 390 kW seines Mercedes-Benz Sechszylinder über eine Allison-Siebengang-Automatik und ein Kessler-Verteilergetriebe mit automatischer Differenzialsperre an beide Achsen bringt. Dort sorgen Traktionskontrollen für den sicheren Vortrieb, an beiden Hinterrädern jeweils unterstützt durch Geschwindigkeitssensoren und dosierter Aktivierung der leistungsfähigen Ölbadbremsen.

„Die Standardbereifung mit breiten 775/65R29 vorne und 21.00R35-Zwillingssätzen hinten nimmt die auftretenden Lasten unter allen Ladezuständen gut auf und hat sich besonders bei Steinbruch-Einsätzen unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten – Stichwort: Verschleiß – sehr gut bewährt,“ erklärt Walter Michels. „Unter Extrembedingungen wie im Ostrauer Abraum kommt es allerdings auf niedrigen Bodendruck bei gleichzeitig maximaler Traktion an, und tatsächlich waren auch wir etwas gespannt, wie sich der Bell B45E 4x4 in der Praxis schlägt.“ Das Ergebnis überraschte dann selbst den langjährigen Praktiker: Wo die 6x6-Dreißigtonner mit ihren 750er-Flotationsreifen in den eigenen, immer tiefer werdenden Fahrrinnen echte Schwierigkeiten bekamen, fuhr der Bell-Zweiachser mit seinen unterschiedlichen Achsspuren und Aufstandsflächen buchstäblich drüber hinweg. Und das auch nach mehreren Übergängen und ohne zwischenzeitliche Wegepflege.

 

Gewohnt sparsam

„Natürlich verkaufen wir den Bell B45E 4x4 deshalb jetzt nicht als ultimative Offroad-Maschine,“ so Kiesel-Anwendungsspezialist Walter Michels. „Er ist und bleibt der Allrounder mit echten Stärken im Steinbruch und großen Möglichkeiten auf schwerem Terrain. Allerdings bewerten wir gerade letztere nach Ostrau deutlich höher, was unter dem Stichwort Verfügbarkeit auch unmittelbar in unsere spezifischen Einsatzberatungen und die daraus resultierenden Systemlösungen einfließen wird.“ Eher bestätigend wird sich darin ein anderer Messwert der Ostrauer Praxis niederschlagen: Durchschnittlich 20,6 l/h Stunde zeigte die Bordelektronik für den Bell B45E 4x4 nach knapp 1200 Betriebsstunden größtenteils im Abraum mit Maximallasten bis 44 t. Im direkten Vergleich lagen die beiden eingesetzten Dreißigtonner mit Einzelchargen 28 bis 29 t bei 17 l – auf die Tonne umgerechnet ein Vorteil von 25 % für den Bell-Zweiachser.

www.bellequipment.com

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