Zuverlässig und wettbewerbsfähig

3. Mediengipfel Siemens VAI, Moskau/Russland (18.-20.05.2009)

Der dritte Mediengipfel der Siemens AG zum Thema Metals and Mining fand vom 18.-20.05.2009 in Moskau/Russland statt. Unter dem Motto „Sicherung der Zuverlässigkeit und Wettbewerbsfähigkeit in einem veränderlichen Umfeld“ wurden rund etwa 70 Vertreter der Fachpresse vom Management der Siemens VAI Metals Technologies und führenden Mitarbeitern der einzelnen Bereiche über Unternehmensstrategie, Geschäftsentwicklung, marktspezifische Erwartungen, Aktivitäten und Perspektiven sowie neueste Produktentwicklungen und Trends informiert (Bild 1).

 

Zur Eröffnung der Veranstaltung gaben Dr. Dietrich Möller, Präsident von Siemens Russland und Zentralasien, Jens Wegmann (Bild 2), CEO von Siemens Industry Solutions, und Andreas Lemp, Managing Director von Siemens VAI Metals Technologies in Russland, einen ersten Überblick über das Potenzial, das Russland wie auch die weiteren Wachstumsmärkte China und Indien für das Unternehmen – insbesondere im Segment Industry Solutions – bieten. Seit mehr als 155 Jahren engagiert sich Siemens in Russland. Inzwischen ist das Unternehmen in allen drei Geschäftsbereichen – Industry, Energy und Healthcare – als führender Anbieter von kompletten Lösungen für die Modernisierung der Schlüsselsektoren der russischen Wirtschaft aktiv und bestrebt, sowohl den Ausbau des Produkt- und Serviceportfolios sowie der regionalen Präsenz weiter voranzutreiben. Siemens beschäftigt in Russland bereits über 3 000 Mitarbeiter und verfügt über regionale Niederlassungen in über 30 Städten Russlands.

 

Obwohl auch der russische Markt von der Finanz- und Wirtschaftskrise betroffen ist, sieht Siemens weiteres Expansionspotenzial, wie Dietrich Möller (Bild 3) in seiner Eröffnungsrede betonte. Andreas Lemp (Bild 4) zufolge ist in der russischen Stahlindustrie inzwischen eine Stabilisierung zu beobachten: Sie wird gefördert durch Regierungs-
programme, eine Reduzierung der Produktionskosten und eine Steigerung der Effizienz im Inland als Hauptwett-bewerbsvorteil sowie geringere Investitionen im Ausland. Siemens VAI Russland ist dabei ein wichtiger Partner. Das Unternehmen, das mit der Division Industry Solutions in der Metallindustrie die wichtigsten Ergebnisse erzielt, lieferte u. a. Ausrüstungen und Systeme für Umbau und Modernisierung des Stahlwerks in Novolipetzk bei NLMK (Novolipetsk Steel), deren Besichtigung den abschließenden Höhepunkt des Mediengipfels darstellte.

 

Wie wichtig gerade die stetige Modernisierung der Anlagen ist, betonte auch Serafim V. Kolpakov, Präsident des Internationalen Metallverbands Russland in seiner Begrüßungsrede, in der er auf beeindruckende Weise die Erfolgsgeschichte der russischen Stahlindustrie mit Blick auf ihre Rolle für die wirtschaftliche Entwicklung des Landes schilderte. Insbesondere in der Stahlproduktion sieht Kolpakov derzeit großen Handlungsbedarf, eine Reduzierung der Energiekosten mit entsprechenden Modernisierungs-maßnahmen voranzutreiben.

 

Die anschließenden Übersichtsvorträge waren folgenden Themen gewidmet:

• Sicherung der Zuverlässigkeit und Wettbewerbsfähigkeit in einem veränderlichen Umfeld (Dr. Richard Pfeiffer, damaliger CEO und Werner Auer, gegenwärtiger CEO)

• Elektrotechnik und Automatisierungstechnik steigern die Effizienz in der Metallindustrie in einem sich schnell verändernden Umfeld (Günther Winter, Innovations- und Produktportfolio-Manager Electrics & Automation)

• Energieverbrauch – Wettbewerbsfähigkeit im Visier (Josef Lanschützer, Segmentleiter für Integrierte Hüttenwerke)

• Mechatronik als Herzschrittmacher zur Verjüngung von Stahlwerken (Andreas Flick, Leiter Geschäftssegment Stranggießtechnik)

• Mining Technologies: Erhaltung der Wettbewerbsfähigkeit durch Schaffung von Effizienz (Bernd Zehentbauer, Kaufmännischer Leiter von Mining Technologies)

 

Die zentralen Kompetenzen, mit denen Siemens auf die globale Herausforderung einer dauerhaften Zuverlässigkeit und Wettbewerbsfähigkeit in einem veränderlichen Umfeld reagiert, standen im Zentrum der Präsentation von Dr. Richard Pfeiffer (Bild 5) und Werner Auer (Bild 6). Dr. Pfeiffer betonte, dass die rückläufige Nachfrage nach Neuanlagen infolge der weltweiten Wirtschaftskrise auch eine Anpassung bei den Anlagenlieferanten erfordert. Der drastische Rückgang der Stahlpreise durch fehlende Nachfrage belaste weltweit die Investitionsmöglichkeiten von Stahlerzeugern. Ferner müssen sich notwendige Modernisierungsvorhaben in kurzer Zeit rechnen. „Siemens VAI will die Chancen nutzen”, so Pfeiffer, „mit seiner führenden Mechatronikkompetenz und durch die weltweite Präsenz im Siemens-Verbund die Produktivität und Flexibilität der Stahlerzeuger zu stärken”. Aufgrund des zunehmenden Anteils an Auftraggebern in Wachstumsmärk-ten wie China, Indien und Russland plane VAI den Ausbau von lokalen Engineering- und Projektmanagementkompe-tenzen in diesen Ländern sowie die Erweiterung der Ferti-gung in weiteren Wachstumsregionen. Zudem sollen spezifische Lösungen für diese lokalen Märkte sowie das Servicegeschäft weiter entwickelt werden. „Infolge der Wirtschaftskrise überdenken viele Stahlunternehmen ihre Neubauprojekte und konzentrieren sich auf Produktivitäts-steigerungen und Effizienzverbesserungen ihrer Anlagen”, betonte Werner Auer. Dr. Pfeiffer resümierte, dass über die Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen künftig Energie- und Rohstoffeffizienz, verschärfte Umwelt- und Sicherheits-vorschriften und vor allem die Flexibilität und Qualität der Produktion entscheiden.

 

Anschließend vermittelte Günther Winter (Bild 7) sehr eindrücklich, inwiefern Elektrotechnik und Automatisierung den Wandel in der Eisen- und Stahlerzeugung vorantreiben. Siemens entwickelte beispielsweise das LiquiRob-Robotersystem für den Einsatz bei Elektrolichtbogenöfen, Konvertern und Stranggussanlagen. Arbeitsschritte wie Probeentnahme, Temperaturmessung oder Pulveraufgabe müssen nun nicht mehr direkt vom Anlagenpersonal durchgeführt werden, sondern erfolgen automatisiert durch Roboter. Dieses mechatronische System verbessert die Arbeitssicherheit und erhöht durch reproduzierbare Verfahrensabläufe die Produktqualität. Nicht zuletzt leistet Siemens mit dieser Technik auch einen Beitrag zu einer nachhaltigen Entwicklung.

 

Ein wesentlicher Kostenfaktor in der Eisen- und Stahl-
produktion ist die Energie. Aufgrund des stetig zunehmenden Drucks, die Ausgaben zu verringern, kommt daher der Entwicklung neuer Energiesparlösungen eine immer größere Bedeutung zu, wie Josef Lanschützer (Bild 8) in seinem Vortrag aufzeigte. Um Stahlproduzenten in der aktuellen Situation zu unterstützten, bietet Siemens VAI Lösun-gen zur Reduzierung des Energieverbrauchs für die gesamte Prozessroute in Hütten- und Stahlwerken, die sich von der Eisen- und Stahlerzeugung über das Gießen und Walzen bis hin zu den Behandlungstechnologien erstreckt. Eine Mög-lichkeit bestehe Lanschützer zufolge in der kontinuierlichen Verbesserung und Modernisierung bestehender Anlagen, die eine kurzfristige Rendite biete. Die Implementierung neuer Prozesstechnologien, um die gegenwärtig genutzten Tech-nologien zu ersetzen, erfordere dagegen höhere Investitionen, biete aber große mittel- und langfristige Kostenvorteile.

 

Wie die Stahlproduzenten dank Mechatronikpaketen mit Markttrends Schritt halten können, war Thema des Vortrags von Andreas Flick (Bild 9). Er erläuterte an verschiedenen Beispielen, dass sich Mechatronikpakete perfekt zum Aufrüsten von An-lagen eignen, so dass Stahl-produzenten ihr Portfolio schnell an aktuelle Markttrends anpassen können. Die Mecha-tronikpakete von Siemens VAI können einzeln, beispielsweise in einem Modernisierungs-projekt zur Steigerung der Anlagenleistung, oder auch zusammen für ein vollständig neues Werk eingesetzt werden. Ein typisches Mechatronikpaket, ob in einem neuen oder einem bestehenden Werk installiert, besteht aus Mechanik, Fluidsystemen, Stromversorgung und elektrischer Ausrüstung, Feldautomatisierung und Online-Prozessmodellen. Alle diese Komponenten arbeiten optimal zusammen und haben die geringst mögliche Auswirkung auf die Umwelt.

 

Betriebskosten und Nachhaltigkeit standen im Mittelpunkt des Vortrags von Bernd Zehentbauer. Zehentbauer zeigte an aktuellen Beispielen, wie mit integrierten Lösungspaketen von Siemens eine größere Effizienz im Tagebau erreicht werden kann. Potenzial zur Kostensenkung sieht Siemens bei Antriebssystemen und der Energieversorgung im Tage-
baubetrieb sowie dem Abbau und Transport von Erzen. Als Beispiel führte Zehentbauer ein von Siemens entwickeltes neues Wechselstrom-Antriebssystem für schwere Trucks zum Materialtransport im Tagebau. Damit können die Fahrzeuge Nutzlasten von 260 t und mehr befördern. Das diesel-elektrische Antriebssystem verringert die Umweltbelastung. Es spart Kraftstoff und senkt die Betriebskosten. Eingesetzt wird die geräuscharme Antriebstechnik bereits bei dem Truck 860E-1K des Herstellers Komatsu (Bild 10). Des Weiteren berichtete Zehentbauer über eine 13,5 km lange Bandanlage zur Kohleförderung im Tagebau Reichwalde in Sachsen/Deutschland, die Siemens als Generalunternehmer derzeit errichtet. Die Bandanlage hat eine Förderleistung von rund 6 000 t/h. Sie besteht aus vier stationären Förderbändern und zwei mobilen Bändern mit Antriebsstationen mit Raupen-fahrwerken. Siemens ist für das Engineering der Gesamtanlage, für die Lieferung und Montage der Elektrotechnik, die Automatisierung und Mechanik verantwortlich.

 

Während des Nachmittags hatten die Teilnehmer der Veranstaltung schließlich Gelegenheit, in 5 Sitzungen, die den Übersichtsvorträgen entsprachen, Fragen an die Referenten zu stellen und in kleinen Gruppen die Ausführungen zu diskutieren. Die Diskussionsrunden fanden parallel statt und waren jeweils zeitlich begrenzt, so dass alle Teilnehmer an den verschiedenen Sitzungen teilnehmen konnten.

 

Die Abschlussveranstaltung führte die Teilnehmer in das etwa 500 km südlich von Moskau gelegene Stahlwerk Novolipetsk Steel (Bild 11). Siemens VAI Metals Technologies hat von dem russischen Stahlerzeuger OJSC Novolipetsk Steel den Auftrag erhalten, Entstaubungs- und Nebenanlagen für einen neuen LD-Konverter in Stahlwerk Nr. 2 zu liefern. Das Auftragsvolumen liegt im zweistelligen Millionen-Euro-Bereich. Der neue Konverter mit einer Kapazität von 325 t wird voraussichtlich 2011 in Betrieb genommen werden. Die Installation der Entstaubungseinrichtungen ist Teil einer breit angelegten Kampagne von Novolipetsk Steel, mit der die Emissionen aus den beiden bestehenden LD-Konverterbetrieben deutlich verringert und damit die Luftqualität in Lipetsk verbessert werden soll.

 

Darüber hinaus errichtet Novolipetsk Steel zurzeit einen dritten Konverter mit 325 t Kapazität im LD-Stahlwerk Nr. 2, um die jährliche Stahlerzeugungskapazität in diesem Werk von 5,5 auf 7,6 Mio. t zu steigern. Im Rahmen dieses Vorhabens vergab das Unternehmen den Auftrag über Auslegung und Lieferung der Hauptanlagen für die Entstaubungs- und Legierungssysteme ebenfalls an Siemens VAI. Dieser Auftrag umfasst außerdem verschiedene Komponenten, Geräte und Automatisierungspakete für den neuen LD-Konverter. Die Entstaubungsanlagen sind sowohl für die Primär- als auch die Sekundärentstaubung vorgesehen. Für die Primärentstaubung wird ein Baumco-Nasswäscher installiert. Der Lieferumfang für das sekundäre Entstaubungssystem umfasst Wärmeüberschussabsorber, Rohgas-Sammelleitungen, Funkenlöscher, Pulsfiltergehäuse und radiale Saugzuggebläse. Emissionen werden aus der unmittelbaren Nachbarschaft des Konverters selbst, insbesondere bei Beschickung und Abstich, und auch aus der Abgashaube abgeführt. Zudem werden Materialfördersysteme einschließlich des zugehörigen Entstaubungssystems geliefert und aufgebaut. Der Staubgehalt des Gases, das aus dem primären und sekundären Entstaubungssystem austritt, wird auf die vertraglich festgelegten Werte entsprechend den örtlichen Umweltbestimmungen verringert.

 

Während dieser Betriebsbesichtigung zeigte sich sehr eindrucksvoll, wie mit Modernisierungsmaßnahmen Energie-kosten reduziert, die Produktivität gesteigert, dadurch die Wettbewerbsfähigkeit gesichert und darüber hinaus auch noch Maßstäbe durch umweltfreundliche Lösungen gesetzt werden können.

 

Eingebunden in ein vielfältiges Rahmenprogramm war die hervorragend organisierte Veranstaltung für die Teilnehmen-den durchweg eine Bereicherung.

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