Lärm und Vibrationen lassen Branchen erzittern

Alltag im Steinbruch: Die Radlader kippen regelmäßig ihre Fracht in die Prallbrecher. Wieder wird es für die Fahrer einen langen Tag auf den schweren Maschinen geben. Aber nur, wenn die Sitze optimal gefedert sind. Sonst droht ein früher Fahrerwechsel, dank der EG-Richtlinie 2002/44/EG „Vibrationen“ und 2003/10/EG „Lärm“.

Seit dem 8.3.2007 ist die EG-Richtlinie in deutsches Recht als Lärm- und Vibrations-Arbeitschutzverordnung umgesetzt. Aber ob sie auch überall in den Köpfen der Unterneh-mer und ihrer Mitarbeiter angekommen ist, darf bezweifelt ­werden. Diese vermeintlich so unscheinbare Verordnung befasst sich mit der Auswirkung von Lärm und Vibrationen auf den Menschen. Und sie legt fest, wie er wirkungsvoll vor Gesundheitsschäden geschützt werden kann. Dies betrifft zum einen die so genannten Hand-Arm-Vibrationen, die durch die verschiedensten handgehaltenen oder handgeführten Maschinen wie beispielsweise Bohrhämmer verursacht werden. Zum anderen fallen darunter auch Vibrationen, die den ganzen Körper betreffen, sowie Lärm. Diese Belas­tungs­faktoren können auf zahlreichen Fahrzeugen und Arbeits­maschinen auftreten.

1 Viele Betriebe sind ahnungslos

Ende letzten Jahres haben Untersuchungen der Arbeits­schutz­behörden im Regierungsbezirk Oberbayern und im Land Brandenburg ergeben, dass in weniger als der Hälfte der oberbayerischen Betriebe mit vorhandener Vibrations­ge­fährdung die Verordnung überhaupt bekannt war. Doch die Verordnung benennt verschiedene Sachverhalte ausdrück­lich als Ordnungswidrigkeit. Der § 5 der LärmVibrationsArbSchV fordert zwingend einen Fachkundigen zur Abschätzung der Gefährdung durch Lärm und Vibrationen. Schließlich sind die Ergebnisse der Gefährdungsbeurteilung und die daraus abgeleiteten Maßnahmen zu dokumentieren. Daher sind die Unternehmen gut beraten, sich mit dem Thema intensiv zu befassen.

Bezogen wird die Lärm- und Vibrationsbelastung auf einen Arbeitstag von acht Stunden. Die Verordnung legt eindeutige Auslösewerte fest, ab deren Erreichen der Arbeitgeber tätig werden muss. Genau festgelegte Höchstgrenzwerte dürfen nicht überschritten werden. Verantwortlich für ihre Einhal­tung ist der Unternehmer. Die Überwachung der Maßnah-men obliegt den zuständigen Arbeitsschutzbehörden und den Berufsgenossenschaften.

Die Auslösewerte können schnell erreicht werden, besonders beim Fahren in nicht befestigtem Gelände. Ähnlich sieht es mit der Lärmbelastung aus, je nach Art der Schallquelle. Ein Beispiel für Vibrationsbelastung: Wie der Katalog repräsentativer Lärm- und Vibrationsdaten, kurz KarLA (www.las-bb.de/karla), belegt, wird z.  B. bei der Fahrt mit einem Radlader in unebenem Gelände bereits nach 78 Minuten der Auslösewert erreicht. Nach weiteren fünfeinhalb Stunden ist für diesen Tag Schluss mit dem Radladerfahren, denn dann ist der Höchstwert erreicht, der so genannte Expositions­grenzwert – trotz einer als angemessen beschriebenen Fahrweise. Das kann dazu führen, dass die Beschäftigten nur noch für eine gewisse Stundenzahl mit oder auf einer Maschine arbeiten dürfen.

 
2 Umsetzung der Verordnung

Es ist ratsam, sich für eine Beratung an die zuständige Berufsgenossenschaft zu wenden. Der richtige Ansprechpart-ner dort ist der Technische Aufsichtsdienst, in manchen BGs auch als Präventionsdienst bezeichnet. Die dortigen Fachleute wissen, worauf es beim Schutz vor Lärm und Vibrationen ankommt. Sie wissen in der Regel auch, wie und wo der oder die vorgeschriebene Fachkundige zu finden ist, wenn der Betrieb zu klein ist, um auf eine bestellte Fachkraft oder einen Betriebsarzt zurückgreifen zu können.

Die ermittelten Beschleunigungswerte sind jedem einzelnen Beschäftigten nach Einwirkungsdauer zuzuordnen. Dabei ist zu beachten, dass diese selten mit der täglichen Arbeitszeit und der Benutzungsdauer übereinstimmt. Bei einem Acht-Stunden-Tag eines Radladerfahrers ist die Einwirkdauer die Zeit, die er tatsächlich fährt. Wenn er absteigt, um beispielsweise nachzutanken, so fällt das unter die Benutzungs-, aber nicht die Einwirkungsdauer. Wird der Auslösewert überschritten, muss der Arbeitgeber eine verständliche Unterrichtung und Unterweisung der Beschäftigten vor der Aufnahme der Tätigkeit durchführen. Dies ist regelmäßig zu wiederholen. Außerdem sind eine allgemeine medizinische Beratung sowie eine arbeitsmedizinische Vorsorgeunter­suchung anzubieten. Und er muss ein Programm technischer und organisatorischer Maßnahmen nach dem Stand der Technik ableiten, festlegen und durchführen. All dies ist auch zu dokumentieren.

Daneben besteht die Möglichkeit, Vibrationsdosimeter einzusetzen (Bild 1 und 2). Manche Hersteller bieten Geräte an, die auch die Vibrationseinleitung über die Füße registrieren. Mit diesen Geräten lassen sich die tatsächlichen Gegebenhei-ten sehr präzise erfassen und dokumentieren, je nach Aus-führung. Zahlreiche Hersteller sind sich des Problems inzwischen sehr bewusst und haben gehandelt: Handgehaltene Maschinen sind mit wirkungsvollem Anti-Vibrationsschutz erhältlich, und bei Fahrzeugen können Sitze mit aktivem Vibrationsschutz den Auslösewert in weite Ferne rücken. Es lohnt sich also schon, den eigenen Maschinen- und Fahr-zeugpark genauer unter die Lupe zu nehmen.

Um den Unternehmen dabei zu helfen, eine möglichst realistische Gefährdungsbeurteilung erstellen zu können, ist eine Broschüre erhältlich. Sie wurde Anfang letzten Jahres aktualisiert und trägt den Titel „Verordnung zum Schutz der Beschäftigten vor Gefährdung durch Lärm und Vibrationen – Arbeitshilfe für die Praxis – besonders für kleine und ­mittlere Unternehmen“. Sie ist, wie auch viele andere Arbeitshilfen und Messwertübersichten, als pdf-Datei unter http://bb.osha.de, Button „Publikationen“, herunterladbar. Sie kann an gleicher Stelle aber auch kostenlos beim Landesamt für Arbeitsschutz des Landes Brandenburg bestellt werden.

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