Gips (nicht) nur im Bauwesen

Unter diesem Motto versammelten sich am 14. und 15. März 2017 rund 120 Teilnehmer aus 14 Ländern zur im Zweijahresrhythmus stattfindenden Weimar Gypsum Conference. Diese, inzwischen dritte Veranstaltung, wurde in bewährter Weise vom F.A. Finger-­Institut für Baustoffkunde der Bauhaus-Universität Weimar und der Bauhaus Weiterbildungsakademie Weimar in Abstimmung mit dem Bundesverband der Deutschen Gips- und Gipsplattenindustrie und dem Verband der Gipsindustrie Russlands organisiert.

Hans-Bertram Fischer betonte in seiner Begrüßungsansprache, dass Gips ein großes Anwendungsfeld habe. Anliegen der Veranstalter sei es deshalb, ein Forum für den breiten Gedankenaustausch für den Bereich der Calciumsulfatbindemittel und deren Anwendung zu schaffen.

Ansprechen soll die Tagung nicht nur forschende, sondern auch praktisch tätige Fachleute sowie Sachverständige. Die Tagung verbindet insbesondere auch Forscher aus Ost und West. Mit in deutscher und russischer Sprache gehaltenen und simultan übersetzten Vorträgen konnte ein Erfahrungsaustausch stattfinden, der so nur selten möglich ist.

In den Vorträgen, teils wissenschaftlich, teils anwendungsorientiert, wurde ein breites Spektrum an verschiedenen Themen behandelt. Die osteuropäischen Fachkollegen gaben einen Überblick über ihre Arbeit und Forschungsergebnisse. Zu den vorgestellten Themen gehörten u.a.:

Schaumgips

mineralische Dämmputze

Nutzung von Industrieabfällen

Hydratation von Calciumsulfat-Halbhydrat

modifizierte Gipssysteme

Fasereinsatz bei Gips-Zement-Puzzolan-Bindern

Einsatz verschiedener Zusatzmittel, z.B. Verzögerer

Spezialgipse

In insgesamt mehr als 30 Vorträgen und einigen Posterbeiträgen wurde eine Vielzahl von Themen rund um den Gips besprochen und neueste Forschungsergebnisse ebenso vorgestellt wie praktische Anwendungsbeispiele.

Der Rohstoff Gips

Horst-Michael Ludwig, Weimar betonte in seinem Eröffnungsvortrag, dass der Gips eine eigene Tagung verdient hat. Gleichwohl wird er auch ein wichtiges Thema der 20. Ibausil, Internationale Baustofftagung, sein, die vom 12. bis 14. September 2018 in Weimar stattfinden wird. Ludwig informierte in seinem Beitrag „Der Rohstoff Gips und seine Bedeutung für Deutschland“ darüber, dass im Gipsverband 12 Unternehmen engagiert sind. In Deutschland werden rund 4 Mio. t Gipsrohstoffe jährlich gefördert, Naturgips und Anhydrit. Davon gehen 2.8 Mio. t in die Gips- und 1,2 Mio. t in die Zementindustrie sowie 0,1 Mio. t in weitere Anwendungen. RC-Gips ist bisher noch unbedeutend, dass wird sich zukünftig aber ändern. Er betonte die Bedeutung des REA-Gipses für die Industrie, der ein sehr effektiver, hochwertiger Stoff sei – 2013 fielen immerhin 7,2 Mio. t an. Durch die von der Bundesregierung beschlossene Energiewende werden sich die REA-Gips-Mengen in den nächsten 10 Jahren halbieren. Das stellt durchaus ein Problem dar, da die benötigten Gipsmengen steigen werden, sowohl durch die wachsende Bautätigkeit als auch dem zunehmenden Einsatz in der Zementindustrie. Hier sind Forschungen gefordert, um äquivalente, innovative Produkte zu entwickeln. Ludwig stellte fest, dass die Bedeutung des Naturgipsabbaus zukünftig wieder deutlich steigen wird.

Ferdinand Pavel, Berlin zeigte anschließend „Die volkswirtschaftliche Bedeutung der Gipsindustrie im Südharz“ auf. Der Gipsabbau sei eine sehr regionale Industrie, rund 50 % der Beschäftigungseffekte bleiben in der Region. Ein gutes Argument, wenn es Diskussionen zum Gipsabbau gibt.

„Tu Gutes und rede darüber! Die Gipsindustrie und ihre gesellschaftspolitische Verantwortung“ waren das Thema von Michael Rutz, Berlin. Er stellte fest, dass sich kein Unternehmen heute nur noch auf die Produktion konzentrieren kann – das trifft gerade auch für die rohstoffabbauende und -verarbeitende Industrie zu. Die Firmen müssen in vielfältiger Weise Verantwortung übernehmen. Die Vorteile, die eine einheimische Rohstoffversorgung bietet, muss den Menschen klar gemacht werden. Dazu gehört es, die Nachhaltigkeit des Gipsabbaus zu verdeutlichen. Corporate Social Responsibility (CSR) spielt dabei eine entscheidende Rolle.

Hans-Ulrich Hummel, Iphofen dankte den Organisatoren, die mit dieser Tagung die Gypsum Community zusammenbringen. Hummel zeigte in seinem Grundlagenvortrag „Gips und Wasser – zwei wie Pech und Schwefel“, dass Gips weltweit fast überall auftritt und informierte über fünf bedeutende Lagerstätten in Europa. Nach einem Überblick über die Gipsherstellung ging er auch auf die Gipsstrukturen und die kristallographischen Eigenschaften ein.

Hans-Bertram Fischer, Weimar erläuterte die „Milieuabhängige Wirkung von Verzögerern auf hydratisierende Calciumsulfatbindemittel“ Er beschrieb die Wirkung ausgewählter verzögernder Zusatzmittel im Stuckgipsbrei in Abhängigkeit vom pH-Wert und charakterisierte das Verfestigungsverhalten und den Hydratationsfortschritt. Auf Basis des Versteifungsbeginns wurde zur Quantifizierung der Zusatzmittelwirkung ein Verzögerungsfaktor ermittelt. Für die angewandten Verzögerer wurde eine ausgeprägte milieuabhängige Wirksamkeit bei pH-Werten > 10 nachgewiesen. Für eine optimale verzögernde Wirkung von Zusatzmitteln sind mitunter enge Basizitätsbereiche charakteristisch.

Eine Vielzahl von weiteren Vorträgen beleuchtete u.a. die Einflüsse auf das Abbindeverhalten von Gipsbindern sowie die Möglichkeiten zur quantitativen und qualitativen Untersuchung von Gipsphasen.

Auf ein Neues

Hans-Bertram Fischer dankte zum Abschluss allen Referenten und Unterstützern für ihre Beiträge. Zur nächsten Veranstaltung in drei Jahren sollen auch Sachverständige stärker zu Wort kommen. Als nächstes steht 2018 aber erst einmal die 20. Ibausil, Internationale Baustofftagung, auf dem Programm, die sich auch dem Schwerpunkt Gips widmen wird.

Autor/Author: Dipl.-Ing. Anett Fischer, ZKG INTERNATIONAL

www.uni-weimar.de

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