Ungenügende Transparenz im Bergbau – trotz steigender Nachfrage nach kritischen Rohstoffen, zeigt neuer Responsible Mining Index
11.09.2025Der Responsible Mining Index (RMI+) 2025 zeigt, dass der Bergbausektor trotz der weltweit wachsenden Nachfrage nach für die Energiewende unverzichtbaren Mineralien und Metallen weiterhin erhebliche Defizite bei der Transparenz und Offenlegung von Umwelt-, Sozial- und Governance-Praktiken (ESG) aufweist. Der Bericht bewertet 25 der weltweit größten Bergbauunternehmen und analysiert, inwieweit sie ihre ESG-Richtlinien, -Massnahmen und Performance öffentlich darlegen. Während die Berichterstattung über Selbstverpflichtungen zugenommen hat, bleibt die Offenlegung konkreter Umsetzungsmaßnahmen und deren Wirksamkeit deutlich zurück. Es entsteht eine Lücke zwischen angekündigtem Engagement und tatsächlicher Umsetzung – ein sogenannter „Commitment-Effectiveness Gap“, der Zweifel an der Bereitschaft des Sektors aufwirft, die sozialen und ökologischen Auswirkungen der rasch expandierenden Abbauaktivitäten wirksam zu steuern.
Nur begrenzte Fortschritte im Sektor – mit Luft nach oben
Unter den 22 Unternehmen, die sowohl 2022 als auch 2025 bewertet wurden, beträgt die durchschnittliche Leistungsverbesserung lediglich 3,7 %. Dieser geringe Fortschritt deutet auf ein Nachlassen der Bemühungen des Sektors zur Verbesserung der ESG-Transparenz hin. Dennoch konnten einige Unternehmen deutliche Fortschritte verzeichnen, etwa bei der Drittzertifizierung, der Stärkung der Sorgfaltspflicht zu Menschenrechten und beim Thema Gender Equality in Führungspositionen.
Die durchschnittliche Gesamtpunktzahl aller 25 bewerteten Unternehmen liegt bei 30 % der möglichen Punkte im Bewertungsrahmen, der sechs thematische Bereiche abdeckt. Der Sektor zeigt jedoch deutlich höheres Potenzial: Wenn alle Unternehmen die besten Praktiken ihrer Wettbewerber übernehmen würden, könnten bis zu 75 % der Punkte erreicht werden. Diese Disparität zwischen individueller Leistung und kollektivem Bestwert macht deutlich, dass sich der Sektor zu wenig an den guten Praktiken orientiert und das Potential von anderen zu lernen ungenutzt bleibt.
Ungenügende Transparenz wirft Fragen auf – angesichts des Bedarfs an kritischen Rohstoffen
Mit dem weltweiten Ausbau sauberer Energietechnologien steigt der Druck auf den Bergbausektor, kritische Rohstoffe wie Lithium, Kobalt, Nickel und Kupfer bereitzustellen. Aufgrund ungenügender Transparenz äußert der Bericht jedoch Zweifel an der Bereitschaft des Sektors, Umweltbelastungen und soziale Konflikte wirksam zu vermeiden.
Zwar geben viele Unternehmen allgemeine Nachhaltigkeitsverpflichtungen ab, doch nur wenige legen ausreichend dar, wie diese in konkrete Maßnahmen umgesetzt werden. Ohne belastbare und öffentlich zugängliche ESG-Daten lassen sich negative Auswirkungen auf Gemeinschaften und Ökosysteme schwer nachverfolgen und bewerten.
Ein besonderer Problembereich ist die Biodiversität. Die Durchschnittswerte für die Offenlegung biodiversitätsbezogener Informationen sind von 22 % in der Bewertung aus dem Jahr 2022 auf 15 % im Jahr 2025 gesunken – ein Rückschritt in der Transparenz. Diese Abnahme steht im Zusammenhang mit mangelhafter Berichterstattung zur Renaturierung von Abbaustätten, unzureichenden Informationen zu Maßnahmen zur Verbesserung der Wasserqualität und dem Fehlen systematischer Ansätze zum Schutz von Ökosystemen.
Branchennetzwerke fördern bessere ESG-Leistungen
Der RMI+ 2025 untersucht auch den Zusammenhang zwischen Mitgliedschaften in Branchenverbänden und ESG-Leistungen. Dreizehn der 25 bewerteten Unternehmen sind Mitglieder des International Council on Mining and Metals (ICMM). Diese Unternehmen erreichten im Durchschnitt 36,5 % der möglichen Punkte – deutlich mehr als die 23,6 % der Nicht-Mitglieder. Acht der zehn bestbewerteten Unternehmen gehören dem ICMM an. Dies deutet darauf hin, dass Peer-Netzwerke und gemeinsame Standards zur Leistungssteigerung beitragen können.
Dennoch besteht innerhalb der ICMM-Mitgliedergruppe eine erhebliche Streuung: Die Werte reichen von 22 % bis 58 %. Dies zeigt, dass Mitgliedschaften mit besseren Ergebnissen einhergehen können, Transparenz und Umsetzungsbereitschaft jedoch weiterhin eine Herausforderung bleiben.
Einblicke auf Betriebsebene zeigen Diskrepanz zwischen Unternehmensberichten und Wahrnehmung vor Ort
Ein ergänzender Bericht, Stakeholder Engagement Dialogue – Mine Sites in Zimbabwe and Peru , stellt Erkenntnisse aus Stakeholder Befragungen an zwei Abbaustandorten in Peru und Simbabwe vor. Diese wurden von vertrauenswürdigen lokalen Moderatoren durchgeführt und brachten Perspektiven von Anwohnern zu ESG-Themen in ihrem Umfeld zutage.
Die Ergebnisse zeigen eine deutliche Diskrepanz zwischen dem Umfang und der Transparenz von ESG-Zusagen auf Unternehmensebene und den Wahrnehmungen lokaler Interessengruppen. Zwar verfügen einige Unternehmen über Nachhaltigkeitsteams mit lokalem Engagement, doch die Ergebnisse dieser Dialoge werden selten veröffentlicht – was unabhängige Bewertung und gegenseitiges Lernen einschränkt.
Der Bericht unterstreicht die Bedeutung, Perspektiven auf Betriebsebene in ESG-Bewertungen systematisch einzubeziehen, und fordert mehr Transparenz in der Einbindung lokaler Communities. Die Stärkung solcher Praktiken ist entscheidend für den Aufbau von Vertrauen und die langfristige soziale Akzeptanz von Bergbauvorhaben.
Über den RMI+ Bericht 2025
Der RMI+ ist eine evidenzbasierte Bewertung, die untersucht, inwieweit große Bergbauunternehmen ihre ESG-bezogenen Richtlinien und Praktiken öffentlich darlegen. Ziel ist es, Rechenschaftspflicht zu fördern, den Dialog mit Interessengruppen zu stärken und Verbesserungsbedarfe im Sektor aufzuzeigen. Der aktuelle Bericht wurde von der World Resources Forum Association erstellt, baut auf früheren Bewertungen der Responsible Mining Foundation auf und erweitert die Tiefe und Granularität der Indikatoren.
Die Bewertung basiert auf öffentlich zugänglichen Daten und umfasst 25 Unternehmen in sechs Themenbereichen: wirtschaftliche Entwicklung, unternehmerisches Verhalten, Projektzyklusmanagement, Gemeinwohl, Arbeitsbedingungen und ökologische Verantwortung.
Der RMI+ 2025 wurde gefördert vom Bundesinstitut für Geowissenschaften und Rohstoffe (BGR) im Auftrag des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) sowie vom Bundesamt für Umwelt der Schweiz (BAFU).
Der RMI+ Bericht wurde offiziell auf der World Resources Forum 2025 Konferenz am 3. September in Genf, Schweiz, vorgestellt.
Im Bericht bewertete Unternehmen:
Albemarle, Anglo American, Barrick, BHP, Boliden, Buenaventura, CODELCO, ERG, First Quantum, Freeport-McMoRan, Glencore, Gold Fields, Grupo México, KGHM, MMG, Navoi MMC, Newmont, OCP Group, Rio Tinto, Sibanye-Stillwater, SQM, Tianqi Lithium, Vale, Vedanta, Zijn
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