Unser Ziel ist der Erfolg unserer Kunden

Interview mit Bernd Zehentbauer, seit 2003 kaufmännischer Leiter von Mining Technologies, Siemens VAI Metals Technologies

2005 hatte Siemens Voest Alpine Industrieanlagenbau übernommen und in den Siemens-Bereich Industrial Solutions & Services integriert. Damit war Siemens einer der größten Anbieter für die Eisen- und Stahlindustrie geworden mit der Betreuung der gesamten Prozesskette vom Erzabbau bis zur Eisen- und Stahlerzeugung aus einer Hand. Mining, eines der wichtigen Geschäftsfelder von Siemens, stand während des 3. Mediengipfels in Moskau eher im Hintergrund. In einem Interview mit der AT INTERNATIONAL gab Bernd Zehentbauer, der bereits auf 25 Jahre Zugehörigkeit zu dem Unternehmen zurückblicken kann, Einblick in aktuelle Entwicklungen und Perspektiven in
diesem Bereich.

AT: Wie beurteilen Sie die aktuelle Entwicklung für den Anlagenbau im Mining?

 

BZ: Da der Anlagenneubau nicht zuletzt auch aufgrund der derzeitigen Wirtschafts- und Finanzkrise stagniert, sehen wir unsere Aufgabe zurzeit in erster Linie darin, mit der Integration neuer Verfahren und Prozesstechnologien in bestehende Anlagen sowie innovativen Automatisierungs-lösungen dazu beizutragen, dass unsere Kunden ihre Anlagen so effizient wie möglich betreiben können. Bei wieder ansteigender Nachfrage nach Kohle, Nichteisenmetallen und Eisenerz wird zukünftig vor allem in Südamerika, Australien und in Asien in neue bzw. auch bereits bestehende Bergwerke investiert werden. Dabei geht der Trend durchweg hin zu größeren Bergwerken mit entsprechend höheren Investitionen. Und Siemens bietet integrierte Lösungen an, die vom Abbau über den Transport hin zur Aufbereitung von Kohle und Erz reichen. Bislang waren die Antriebs- und Automatisierungstechnik eine der wichtigsten Säulen in diesem Segment. Die Kompetenzen wurden aber inzwischen ausgeweitet auf verfahrenstechnische Prozesslösungen. Früher gab es eine klare Abtrennung zwischen den einzelnen Unternehmen mit ihrem jeweils spezifischen Angebot. Heute geht der Trend zu einem umfassenden Produktport-folio, um den Kunden komplette Lösungen für den gesam-ten Produktionsprozess, einschließlich Service anzubieten.


AT: Wie sehen solche Komplett-Lösungen aus?

 

BZ: Vom Abbau über den Transport bis zum Brechen und Mahlen, d. h. in der gesamten logistischen Prozesskette im Kohle- und Erzabbau spielen Antrieb und Automatisierung eine wichtige Rolle. Bagger, Förderanlagen, Trucks, Brecher und Mühlen benötigen Antriebssysteme. Und hier steht die Forderung nach umweltfreundlichen und energiesparenden Systemen gleich an erster Stelle. Unsere Zusammen-arbeit mit der chilenischen Kupfermine Los Pelambres ist das beste Beispiel für das Angebot von kompletten Lösungen aus einer Hand. In Los Pelambres betreut Siemens schon seit 1999 die 13 km lange Förderbandanlage, die das auf 3200 m Höhe gebrochene Kupfererz zur Aufbereitungsanlage in 2000 m Höhe transportiert. Um das Erz aus den Steinbrocken zu trennen, wird es in Erzmühlen zermahlen. Die Erzmühlen werden von zwei getriebelosen Antriebssystemen (Gearless Drives) von Siemens angetrieben (Bild 1). Diese getriebelosen Antriebssysteme benötigen keine mechanischen Teile zwischen Motor und Mühle. Die Drehzahl ist stufenlos zu verändern, wodurch die Antriebe exakt auf unterschiedliche Anforderungen, wie wechselnde Materialhärten oder verschiedene Betriebsarten eingestellt werden können.

 

Und jetzt kommt die Verfahrenstechnik ins Spiel. Siemens hat als Lösungspaket für die Mining-Industrie ein neues Flotationsverfahren zur Trennung verschiedener Metall-komponenten eines Erzes entwickelt. Die Flotationszelle mit pneumatischem Einspritzsystem wird mit der Säulenmethode kombiniert. Ein Rührgerät ist also nicht erforderlich. Diese neu entwickelten Flotationszellen zeichnen sich durch eine besondere Flotierbarkeit von Feinstpartikeln und eine bis zu viermal höhere Konzentrierfähigkeit aus. Gegenüber herkömmlichen Verfahren ermöglicht es diese neue Technik von Siemens nicht nur den Energieverbrauch z.B. in Kupferminen zu senken, sondern gleichzeitig auch die Betriebskosten zu reduzieren. Nachdem als Pilotprojekt die erste Zelle, die wir in Los Pelambres (Bild 2) eingesetzt hatten, sehr gute Ergebnisse geliefert hatte, wurde dort inzwischen eine zweite Flotationszelle in Betrieb genommen.

 

Was den Service angeht, sind Siemens-Ingenieure sind vor Ort und kümmern sich z. B. um die Wartung der gesamten Förderanlage. Darüber hinaus werden die Anlagen rund um die Uhr durch Sensoren überwacht. Bei einer Fehlermeldung können sich Siemens-Mitarbeiter über ein integriertes Kontroll- und Kommunikationssystem direkt in die Anlage einloggen, schnellst möglich die Ursache für die Störung finden und den Fehler beheben. Dadurch lassen sich die Ausfallzeiten der Anlagen wesentlich reduzieren.

 

AT: Welches sind Ihre Ziele für die nächsten 5 bis 10 Jahre?

 

BZ: Für den Bergbau werden wir in jedem Fall unser verfahrenstechnisches Portfolio er-weitern, es gibt weiterhin Op-timierungsbedarf bei den Auto-matisierungsprozessen wie auch bei den Antriebssystemen. Schließlich verfügt Siemens über eine starke zentrale Tech-nikabteilung, die sich mit zu-kunftsweisenden Technologien beschäftigt. Die Herausforde-rung der kommenden Jahre besteht darin, umweltfreundliche Prozesslösungen zu entwickeln, mit denen Energie- und Produktionskosten reduziert und gleichzeitig Produk-tivität und Umsatz gesteigert werden. Unser Ziel ist der Erfolg unserer Kunden.

 

AT: Herr Zehentbauer, wir danken Ihnen herzlich für das Interview.

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