Digitaler Zwilling • Digital Twin

Basis für ein umfassendes Optimierungsinstrument für Fördergurtanlagen

Der Beitrag beschreibt ein neues, von Voith (NL NRW: Voith GmbH & Co. KGaA Fördertechnik, Mülheim/Ruhr) entwickeltes Verfahren zur Überwachung und Optimierung von Bandanlagen, das auf einer hochgenauen Nachbildung mittels eines sog. Digitalen Zwillings beruht. Durch diese digitale Nachbildung und den permanenten Abgleich zwischen Messung und Rechnung gelingt eine bisher nicht erreichte Transparenz des Betriebszustands der Bandanlage. Neben absoluten Aussagen zur Effizienz werden damit auch frühzeitige Hinweise auf Veränderungen generiert und dem Betreiber angezeigt. Die generierten Daten erlauben eine Analyse hinsichtlich Ort, Zeit und Ursachen von Veränderungen sowie quantitative Aussagen zum Betriebsverhalten der Hauptkomponenten in Bezug auf Energieeffizienz und erzielbarer Lebensdauer. Hierdurch wird eine erhebliche Verbesserung der Wirtschaftlichkeit und der Verfügbarkeit der überwachten Bandanlagen möglich. Auf lange Sicht hat dieser Ansatz auch das Potential, die technische Weiterentwicklung der Hauptkomponenten zu beschleunigen. Das Thema ist interessant für Betreiber, Instandhalter und Hersteller von Bandanlagen.

1‌ Einleitung

Milliarden Tonnen von weltweit jährlich in der Rohstoffgewinnung und -verarbeitung anfallenden Bulkmaterialien sind Schüttgüter wie Kohle, Zement, Kalkstein, Erze, Gestein, Kies oder Sande. Die Vielfalt des Transportgutes, einschließlich Kunststoffgranulate, etwa Rohstoffe für Spritzgussverfahren, sowie landwirtschaftliche Produkte bis hin zu pharmazeutischen Produkten wie Tabletten oder feine pulverförmige Stoffe, die bei Laser- oder 3D-Druckern zur Anwendung kommen, kennzeichnen die Bandbreite an Einsatzmöglichkeiten. Die Transportbandlogistik wurde jedoch lange als wenig wertschöpfend angesehen und aus diesem Grund oft vernachlässigt. Erst in den letzten 40 Jahren wurde die Bedeutung mehr und mehr erkannt.

Bandanlagen sind schon lange ein verlässliches Betriebsmittel zum wirtschaftlichen Transport großer Schüttgutmengen. Bandanlagen von wenigen Metern bis zu mehr als 20 km Länge und Transportleistungen von wenigen hundert bis zu 40 000 t/h sind heute Stand der Technik. Die zuverlässige Auslegung stellt heute durch standardisierte und international genormte Berechnungsverfahren kein Problem mehr dar. Doch bei genauerem Hinschauen stellt man fest, dass es große Unterschiede in der Verfügbarkeit verschiedener Anlagen gibt und praktisch kein Betreiber in der Lage ist, seine tatsächlichen spezifischen Transportkosten je Tonne Material und je km Transportentfernung anzugeben. Die Gründe hierfür sind einerseits, dass jede Bandanlage ein Unikat darstellt und daher ein Vergleich mit anderen schwerfällt, andererseits, dass es bis heute kein anerkanntes Verfahren gibt, die nötigen Instandhaltungsmaßnahmen korrekt und zum richtigen Zeitpunkt zu bestimmen. Hier liegt ein enormes Optimierungspotential und war Anlass, das im Folgenden beschriebene System zu entwickeln.

2 Stand der Technik zur Beurteilung der Effizienz einer Bandanlage

Das Formelwerk zur Auslegung einer Bandanlage nach DIN [1] und CEMA [2] basiert auf einer Abschätzung der konstruktiven und betrieblichen Einflussfaktoren und zielt auf eine ökonomisch sinnvolle Abdeckung der zu erwartenden Anforderungen im bestimmungsgemäßen Betrieb der Anlage. Dieses Formelwerk ist jedoch ungeeignet, um genaue Vorhersagen bzgl. des Leistungsbedarfs und der örtlichen Beanspruchung der Komponenten für konkrete Betriebszustände „unterhalb der Auslegung“ zu machen oder aus einem gemessenen Leistungsbedarf in einer konkreten Betriebssituation den Bedarf in anderen Situationen abzuleiten. Dies soll im Folgenden illustriert werden: Die DIN-Formel zur Berechnung des Hauptwiderstands FH eines Teilabschnitts i lautet:

FH,i=li × fi × g × [m'R,i + (m'G,i+m'L,i) × cos d]⇥(1)

worin

FH,i Hauptwiderstand des Abschnitts i in N

li Länge des Teilabschnitts i in m

fi fiktiver Reibbeiwert des Abschnitts i (dimensionslos)

g Gravitationskonstante in m/s²

m’R,i längenbezogene translatorische Masse der Tragrollen in kg/m

m’G,i längenbezogene Masse des Gurtes in kg/m

m’L,i längenbezogene Masse der Beladung in kg/m

d Neigung des Anlagenabschnitts i

In [3] wird ein Messtraggerüst vorgestellt und die damit an verschiedenen Fördergurten im laufenden Betrieb gemessenen horizontalen Bewegungswiderstände FH in Abhängigkeit von der vertikalen Auflast FV. Bild 2 zeigt dieses Messtraggerüst.

Wendet man Gleichung (1) auf einen Anlagenabschnitt der Steigung d = 0 und der Länge eines Tragrollenabstands dieses Messgerüstes an, so ergeben sich für verschiedene fiktive Reibbeiwerte f die in Bild 3 gezeigten theoretischen Hauptwiderstände im Vergleich zu dem tatsächlich für einen bestimmten Gurt gemessenen Hauptwiderstand (gestrichelte Linie) und dem mit dem weiter unten beschriebenen analytischen Berechnungsmodell errechneten Hauptwiderstand.

Man sieht, dass mit einer beliebigen Wahl des fiktiven Reibbeiwerts nur eine Beladungssituation korrekt nachgebildet werden kann. Im Umkehrschluss folgt daraus, dass der fiktive Reibbeiwert selbst von der Beladung abhängt:

fi = f(m'L,i)⇥(2)

Die Angabe des f-Werts für eine Bandanlage ist also immer nur sinnvoll im Zusammenhang mit dem Massenstrom, für den dieser f-Wert gilt. Selbst dann ist die Beurteilung der Effizienz dieser Bandanlage auf Basis des f-Werts höchst fragwürdig, da die Masse des Gurtes und der Tragrollen (m’G,i und m’R,i) in die Berechnung mit eingehen, obwohl ja nur der energetische Aufwand zum Transport des Materials von Interesse ist. Tatsächlich ist der Laufwiderstand der Tragrollen nahezu unabhängig von der translatorischen Masse der Tragrollen, sondern wird weitgehend von der Lagergröße, der Lagerluft, der Abdichtung und dem verwendeten Lager- und Dichtungsfett bestimmt [4]. Tragrollen mit sehr großer translatorischer Masse, aber ansonsten gleicher Bauart würden also zu einem gleichen Hauptwiderstand, aber einem rechnerisch niedrigeren f-Wert führen.

Zusammenfassend kann gesagt werden, dass der f-Wert für die Beurteilung der energetischen Effizienz einer Bandanlage nicht sinnvoll ist und somit auch nicht zur laufenden Überwachung taugt.

3 Einflüsse auf den Bewegungswiderstand einer
Bandanlage

Der Bewegungswiderstand eines Förderbandes hängt von vielen Einflüssen ab. Zu unterscheiden sind:

Konstruktive Einflüsse

Betriebliche Einflüsse

Wartungszustand der Anlage

Konstruktiv wird der Bewegungswiderstand durch Wahl des Muldungswinkels, Länge der Mittelrolle, Tragrollenabstand und -durchmesser, Gurtbreite, Gurtgewicht und Geschwindigkeit beeinflusst. Diese Parameter sind in der Regel alle bekannt und meist über die Lebensdauer der Anlage konstant. In seltenen Fällen erfolgt eine Anpassung der Geschwindigkeit an die aktuelle Beladung. Die betrieblichen Einflüsse kommen aus dem Förderprozess und betreffen Höhe und zeitliche Veränderung der Beladung, Korngröße und -verteilung, spezifische Dichte und innere Dämpfung des Materials. Diese Werte können schwanken und sind zum Teil nicht bekannt.

Der Wartungszustand hat auch einen Einfluss auf den Bewegungswiderstand. Schlecht ausgerichtete Tragrollenstationen, mangelnde Reinigung, falsch eingestellte Längsabdichtungen und Abstreifer führen nicht nur zu einem höheren Energieverbrauch, sondern auch zu Schieflauf und Gurtschäden und ganz allgemein zu kürzeren Standzeiten der Komponenten (Gurt, Tragrollen, Trommeln, etc.). Zu erwähnen ist auch der Einfluss der Hauptkomponenten „Gurt“ und „Tragrollen“. Insbesondere der Gurt hat einen großen Einfluss (im Wesentlichen Dicke und Eigenschaften der Laufplatte), der sich überdies mit der Temperatur und dem Alterungszustand ändert. Die Auswahl dieser Komponenten erfolgt zunächst für den Aufbau der Anlage durch den OEM – oft nach Vorgabe des Betreibers. In der Ersatzbeschaffung kommen häufig andere Fabrikate zum Einsatz, wodurch sich auch der Leistungsbedarf ändern kann. Häufiges Phänomen: Ein alter Gurt mit dünn gelaufenen Deckplatten wird durch einen neuen ersetzt und anschließend kommt es zu Einschränkungen der Förderleistung, da die installierte Motorleistung nicht mehr ausreicht. Eine genauere Betrachtung dieses Sachverhaltes findet sich in [4], woraus Tabelle 1 entnommen ist.

4 Konzept des „Digitalen Zwillings“

Grundlage des „Digitalen Zwillings“ ist ein analytisches Modell der Bandanlage, das unter Berücksichtigung der konstruktiven Eigenschaften den Bewegungswiderstand entlang des Gurtes aus den aktuellen Betriebsbedingungen berechnet. Hierzu werden folgende Messwerte benötigt:

Motorwirkleistung aller Motoren

Gurtzugkraft an einer bekannten Stelle

Gurtgeschwindigkeit an einer bekannten Stelle

Beladesignal an einer bekannten Stelle

Umgebungstemperatur

Optional: Erfassung der Gurtverbindungen an einer bekannten Stelle

Unterstellt wird hierbei zunächst, dass die Eigenschaften der am Hauptwiderstand beteiligten Komponenten „Fördergurt“ und „Tragrollen“ sowie der Ausrichtzustand der Anlage an allen Stellen gleich sind. Bei optimaler Anpassung des analytischen Modells an die reale Bandanlage und idealer Homogenität ergibt die Rundrechnung des Gurtzugkraftverlaufs keine Abweichung zwischen Start- und Endwert der Gurtzugkraft. Da die reale Anlage aber nicht homogen ist, ergeben sich – auch bei idealer Anpassung – Abweichungen, die auf eine Differenz der errechneten zur gemessenen Motorleistung umgerechnet werden kann. Das geometrische Mittel dieser Differenz über einen hinreichend langen Zeitraum ist ein Maß für die Güte des Modells und kann zur Anpassung der Parameter des analytischen Modells über einen geeigneten Optimierungsalgorithmus verwendet werden. In der Realität werden durchschnittliche Abweichungen von deutlich unter 1 % der installierten Antriebsleistung erzielt (Bild 4).

Die Abweichungen – in Bild 4 der grüne Zeitverlauf – repräsentieren die Inhomogenität und damit auch das Optimierungspotential. Aus ihnen können die Informationen über die Effizienz der einzelnen Anlagenabschnitte und – falls die zeitliche Abfolge der Gurtverbindungen mit gemessen wird – der einzelnen Gurtstücke, aus denen der gesamte Gurt zusammengesetzt ist, gewonnen werden.

Das analytische Modell basiert auf einer mathematisch-physikalischen Nachbildung der realen Anlage. Hierin ist auch die Temperaturabhängigkeit der Gurteigenschaften und das Aufheiz- und Abkühlverhalten des Gurtes abgebildet.

Die genaue Anpassung des analytischen Modells erfolgt durch geschickte Wahl der Parameter der Funktionen, welche den Bewegungswiderstand in Abhängigkeit von den Betriebsparametern „örtliche Auflast, Geschwindigkeit, Gurtzugkraft und Temperatur“ beschreiben. Zusammen mit dem Strukturdatensatz, der den Anlagenverlauf beschreibt, bildet dieser Zustandsparametersatz die Anlage ab. Damit kann die Anlage nicht nur im aktuellen Betriebszustand nachgebildet werden, sondern auch in allen möglichen Betriebszuständen und für alle Umgebungstemperaturen. Solange sich an der Physik der Anlage nichts ändert, ist dieser Zustandsparametersatz gültig und liefert verlässliche Ergebnisse. Damit kann somit insbesondere für einen standardisierten Betriebszustand mit einer gewählten, gleichmäßigen Beladung und konstanter Umgebungstemperatur eine Kennzahl gebildet werden, welche den spezifischen Energiebedarf zum Transport von einer Tonne Material über eine horizontale Transportentfernung von einem km darstellt. Dieser „normierte Energy Performance Indicator“ EnPI hat die Einheit Wh/(t.km) und erlaubt die Beurteilung der Energieeffizienz einer Bandanlage über die Zeit, bzw. im Vergleich zu anderen Anlagen.

Ändert sich etwas an der Physik der Anlage (Ausrichtzustand, Verschmutzungsgrad, Eigenschaften der Gurte und Tragrollen) oder der Güte der Messdaten (fehlerhafte Datenerfassung), so wird dies als dauerhafte Überschreitung des vorgegebenen Toleranzwerts erkannt und automatisch ein neuer Zustandsparametersatz gesucht, der die Genauigkeitsanforderungen erfüllt. Hierüber erfolgt eine Meldung an den zuständigen Anlagenbetreuer.

5 Mögliche Aussagen hinsichtlich des Betriebsverhaltens und der Instandhaltung einer Bandanlage

Der EnPI ist eine Kennziffer, die einen makroskopischen Überblick über den Zustand der Bandanlage gibt. Sie fungiert damit als Frühwarnsystem bei jeglicher Abweichung. Mit dem aktuellen Zustandsparametersatz, für den dieser EnPI gilt, lassen sich präzise Prognosen erstellen, welcher Leistungsbedarf sich einstellen wird, wenn ein anderer Betriebszustand (Beladung, Geschwindigkeit, Umgebungstemperatur) eintritt. Damit ist es z.B. möglich zu beurteilen, ob eine Leistungserhöhung mit der installierten Motorleistung erzielt werden kann.

Durch die Nachbildung des Temperaturverhaltens ist auch die Entwicklung des Leistungsbedarfs vorhersehbar für das Anlaufen einer Bandanlage, die längere Zeit gestanden und daher die Umgebungstemperatur angenommen hat. Somit ist es auch möglich zu prognostizieren, wie sich der Leistungsbedarf für ein Wiederanfahren mit zunehmender Stillstandsdauer entwickeln wird, wenn die Anlage bei kalter Witterung stillgesetzt wird.

Aus der Darstellung der Anlagenabschnittseffi-
zienzen ist ersichtlich, welche Abschnitte durch einen erhöhten Energiebedarf auffällig sind und besonderes Augenmerk verdienen. Gründe hierfür können sein:

•   Schlechte ­vertikale Ausrichtung der Tragrollenstationen à erhöhter Leistungsbedarf korreliert etwa quadratisch mit der Höhe der Beladung

•   Schlechte horizontale Ausrichtung der Tragrollenstationen à erhöhter Leistungsbedarf ist linear abhängig von der Höhe der Beladung

•   Überdurchschnittliche
Ansammlung von

   schwergängigen Tragrollen à erhöhter Leistungsbedarf ist unabhängig von der Höhe der Beladung

Reibung zwischen Gurt und feststehenden Anlagenteilen à falls der Schieflauf nicht auf asymmetrische Beladung zurückzuführen ist, so ist ein erhöhter Leistungsbedarf unabhängig von der Höhe der Beladung, ansonsten beladungsabhängig

Reibung zwischen Fördermaterial und feststehenden Anlagenteilen (z.B. Längsabdichtungen) à oberhalb eines Schwellwerts erhöhter Leistungsbedarf erkennbar, der mit der Höhe der Beladung ansteigt

Die Anlagenabschnitte mit dem geringsten Energieverbrauch können als Referenz dafür verwendet werden, welches Verbesserungspotential durch eine allgemeine Verbesserung des Anlagenzustands mindestens erreichbar ist. Dadurch wird nicht nur der Energieverbrauch gesenkt, sondern auch die mit der aktuell installierten Motorleistung maximal mögliche Förderleistung erhöht.

Sofern die Bandanlage mit einer Erkennung der Gurtverbindungen ausgestattet ist, kann das System auch die Effizienzen der einzelnen Gurte ermitteln. damit ergibt sich die Möglichkeit, bei Ersatzbeschaffungen Gurte zu bevorzugen, welche sich als energieeffizienter erwiesen haben, bzw. den Herstellern diesbezüglich konkrete Vorgaben zu machen.

Aus einer konkreten Anwendung wurden die in Bild 4 dargestellten Anlagenabschnitts- und Gurteffizienzen über einen Zeitraum von fünf Monaten ermittelt. Da es sich um eine rückbare Bandanlage in einem Tagebau handelt, ist die Bandbreite der Anlagenabschnittseffizienzen erheblich und deutlich größer, als bei stationären Anlagen erwartet werden darf. Die Gurteffizienzen zwischen verschiedenen Herstellern und auch Gurten des gleichen Herstellers aus unterschiedlichen Chargen unterscheiden sich erheblich. Dies deckt sich mit früheren Untersuchungen [5], bei denen der Laufwiderstand der Gurte direkt mit dem in [3] beschriebenen Messgerüst ermittelt wurde.

Das System erlaubt die fortlaufende Darstellung der maximalen Förderleistung, bei der unter den aktuellen Bedingungen der Überlastfall eintritt. Das kann entweder das Erreichen der installierten Motorleistung des Motors sein, der die höchste Auslastung aufweist, oder die aus der Gurtvorspannung, dem Umschlingungswinkel und dem aktuellen Reibwert ermittelte Rutschgrenze der kritischsten Antriebstrommel.

Aus den Werten für die örtliche Gurtzugkraft, dem E-Modul der Gurte und den aktuellen Motorleistungen können die Antriebskennlinien bezogen auf einen Referenzantrieb dargestellt und daraus die Ursache von ungleichen Leistungsaufteilungen abgeleitet werden. Mögliche Ursachen hierfür können sein:

Unterschiede bzgl.:

Trommeldurchmesser

Getriebeübersetzung

Gurtdehnung (vor allem bei Gewebegurten)

Füllungsgrade (bei Verwendung von Turbokupplungen)

Vorschaltwiderstände (bei Verwendung von Schleifring-Motoren)

Versorgungsspannung am Motor

Motorkennlinie

Da alle Messdaten und relevanten errechneten Werte in einer Datenbank abgespeichert werden, lassen sich für jeden Punkt der Anlage, jeden Gurt und jede Komponente für einen beliebigen Betrachtungszeitraum die Betriebsbeanspruchungen ermitteln. Muss eine schadhafte Komponente ausgetauscht werden, so kann also das ertragene Lastspektrum ermittelt und zum Vergleich mit anderen Komponenten herangezogen werden. Damit wird die Gesamtwirtschaftlichkeit transparent für eine optimale Auswahl bei der Ersatzbeschaffung. Liegen hinreichend viele Daten vor, so kann die Substanz der aktuell eingebauten Komponenten in Bezug auf das statistisch ertragbare Lastkollektiv ermittelt und daraus abgeschätzt werden, wie viele Komponenten bis zu einem vorgegebenen Zeitpunkt in der Zukunft gewechselt werden müssen und der Instandhaltungsaufwand kann besser geplant werden.

6 Perspektiven für die weitere Entwicklung

Die Möglichkeiten, die sich mit diesem Ansatz eröffnen, können derzeit noch nicht alle abgeschätzt werden. Es wird auf jeden Fall machbar sein, aus den Inhomogenitäten das Verhalten der Komponenten abschnittsweise und quantitativ korrekt nachzubilden. Damit könnte man z.B. den Laufwiderstand jedes einzelnen Gurtes als Funktion der Beladung für jede Temperatur, Geschwindigkeit und Alterungszustand ermitteln. Dies wird die Optimierung der Komponenten stark antreiben.

Mit zunehmender Erfahrung kann das analytische Modell weiter verbessert werden, wodurch die sinnvolle Aufteilung der Anlagen in einzelne Abschnitte von derzeit etwa 50 m/Abschnitt verfeinert werden kann. Dies ermöglicht eine entsprechend genauere Lokalisierung von Abweichungen.

Die Analyse der konkreten Ursachen beim Auftreten von Abweichungen kann dazu genutzt werden, typische Signalmuster für diese Abweichungen zu identifizieren und daraus eine automatische Klartext-Meldung für künftige Vorkommnisse dieser Art zu implementieren. Zusammenfassend bietet das Konzept des „Digitalen Zwillings“ eine bislang ungeahnte Transparenz für den Betrieb und die Instandhaltung von Bandanlagen. Die Grundlage ist die korrekte Beschreibung der technischen Mechanik, die permanente Erfassung der wichtigsten Betriebsparameter und der ständige Abgleich zur automatischen Anpassung des Modells an die Wirklichkeit. Die auf dieser Grundlage entwickelten Auswertemöglichkeiten können ständig weiter optimiert und zur automatischen Generierung von präzisen Mitteilungen über relevante Änderungen an die zuständigen Personen verwendet werden. Das exklusive Fachwissen weniger Experten wird damit zugänglich für jeden Betreiber von Bandanlagen, der dieses System nutzt.

7 Blick auf die weitere Digitalisierung der Bergbau­wirtschaft [6]

Viele anstehende Veränderungen müssen proaktiv gestaltet und nicht etwa nur verwaltet werden. Innovationszyklen werden kürzer. Digitale Technologien bestimmen zunehmend die Entwicklungen in der Bergbauwirtschaft. Wir treffen den Begriff Digitalisierung auf der ganzen Welt an – in allen Branchen und Bereichen. Infolgedessen dürften in der Zukunft wahrscheinlich nur noch zwei Arten von Organisationen auf den Märkten agieren: Welche, die auf der Grundlage digitaler Technologien arbeiten, und solche, deren wirtschaftlich unabhängige Existenz von digital positionierten Wettbewerbern zunehmend gefährdet wird. Ein Begriff, der jetzt oft in diesem Zusammenhang vorkommt, lautet „disruptiv“. Als disruptive Technologien werden Innovationen bezeichnet, die den Erfolg einer vorhandenen Technologie, eines Produkts oder einer Dienstleistung ersetzen oder vollständig vom Markt verdrängen. Die Entwicklung hat grundlegende Auswirkungen auf traditionelle Geschäftsmodelle. Agile sog. Start-ups und starke Konzerne in Bezug auf Ressourcen, Strategie und Fachabteilungen, die im Zuge der digitalen Revolution entstanden, sind beweglich und brechen mit alten Gewohnheiten. Ihr Ziel: Bestehende Strukturen radikal zu verändern, neue Produkte anzubieten, Kunden einfacher zu erreichen und zu betreuen, Kosten senken und schnell expandieren. All dies kann auf der Verwendung zentralisierter, Cloud-basierter digitaler Technologien und Anwendungen aus den Bereichen Arbeitssicherheit, Umweltschutz, Automatisierung von Bergbauprozessen mit Analytik und Datensicherheit basieren. Die zunehmende Bedeutung des Internets der Dinge (IoT) im Rohstoffwesen bedeutet, dass alltägliche Dinge plötzlich digital werden: Von der Arbeitszeiterfassung und Standorterkennung bis hin zur Bereitstellung von Medien wie elektrischer Energie, Druckluft, biologisch auflösbarer HFC-Flüssigkeit und Wasser, Steuer-/Überwachungsgeräte und Module zur Verbesserung der Energieeffizienz usw. Richtig eingesetzt wird die Digitalisierung im Tagesgeschäft zunehmend wertfördernd entlang der gesamten Wertschöpfungskette.

Literatur/Literature:

[1] DIN 22101 „Stetigförderer – Gurtförderer für Schüttgüter – Grundlagen für die Berechnung und Auslegung“

[2] CEMA „Belt Conveyors for Bulk Materials“, 7. Auflage, 2014

[3] Geesmann, F.O. (2001), „Experimentelle und theoretische Untersuchungen der Bewegungswiderstände von Gurtförderanlagen“, Dissertation, Universität Hannover

[4] VDI Richtlinie 4459, „Gestaltung energieeffizienter Muldengurtförderer“,

[5] Ziegler, M. (2009), „Energetische Optimierung von Fördergurten bei der RWE Power AG“, World of Mining, 6/2009 S. 363-372

[6] Hartlieb, Peter v., Sonderdruck des RdB Organs Bergbau ISSN 0342-5681; Globale Bergbaumärkte 2018, S 181

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