Berliner Recycling- und Rohstoffkonferenz 2015: ­Intelligente und umweltschonende Nutzung von ­Ressourcen

Seit 8 Jahren nimmt die jährlich stattfindende Berliner Recycling- und Rohstoffkonferenz (BR&RK) einen der vordersten Plätze im Reigen der vielen Symposien und Tagungen, die sich seit einigen Jahren mit Fragen der nationalen und globalen Rohstoffsicherung befassen, ein. Der Stellenwert dieser Thematik kann nicht hoch genug eingeschätzt werden, und so konnten die Fachleute aus Deutschland und dem Ausland, vornehmlich Österreich, am 16. und 17. März 2015 in Berlin erneut spannende Vorträge mit strategischen, umweltpolitischen, vor allem aber auch fachspezifischen Inhalten hören und dazu diskutieren (Bild 1). Bedauerlicherweise musste der Initiator, gleichzeitig die „Seele“ der BR&RK, Prof. Dr.-Ing. habil. Dr. h. c. Karl J. Thomé-Kozmiensky in diesem Jahr der  Veranstaltung fern bleiben. Die mit rd. 260 zwar beachtliche, aber gegenüber den letzten Jahren (ca. 300) dennoch etwas geringere Teilnehmerzahl ist sicher nicht zuletzt der Tatsache geschuldet, dass bereits im Mai 2015 die nächste Berliner Konferenz, nämlich „Mineralische Abfälle und Nebenprodukte“ stattfindet.

Die wissenschaftliche Leitung der Konferenz oblag Prof. Dr.-Ing. Daniel Goldmann (Bild 2), TU Clausthal und Prof. Dr.-Ing. habil. Dr. h. c. Karl J. Thomé-Kozmiensky, TK-Verlag Nietwerder-Neuruppin. Die Programmkoordination lag in den bewährten Händen von Frau Dr.-Ing. Stephanie Thiel vom gleichen Verlag. Eröffnet wurde die Konferenz durch Frau M. Sc. Elisabeth Thomé-Kozmiensky (Bild 3), Mitarbeiterin des Veranstalters.

Dem Konzept der vergangenen Jahre folgend wurden am ersten Konferenztag in einer Plenarveranstaltung fachübergreifende aktuelle Themen behandelt. In den Beiträgen des in vier Parallelveranstaltungen ablaufenden  zweiten Konferenztages standen  fachspezifische Themen zur Diskussion.

1. Plenarsitzung – Politik, Strategie und Wirtschaft

Die Sitzung startete mit politischen Beiträgen, die ganz im Zeichen der europäischen Rohstoffpolitik standen. Hierzu stellte Dr. Peer Hoth, BMWE Berlin die Europäische Innovationspartnerschaft für Rohstoffe (EIP) vor. Der Referent erläuterte die Struktur der EIP (EU-Kommissare Umwelt, Industrie und Forschung, Minister einzelner EU-Länder, z.B. Deutschland, Polen, Vertreter großer Wirtschaftsunternehmen) sowie die Aufgaben der Initiative und stellte Beispiele für geförderte Projekte vor (u.a. Optimierung des Bergbaus, Anwendung von Biotechnologien im Bergbau oder die umfassende Nutzbarmachung von Abfällen aus der Stahlindustrie).

Die Förderung von Forschung und Entwicklung durch das BMBF Bonn stand im Mittelpunkt des Beitrags von ­Dipl.-Ing. Anja Degenhardt, Forschungszentrum Jülich GmbH, Berlin. Anhand einer ganzen Reihe von Projekten wurde das Ziel der Fördermaßnahmen, Ressourcen intelligent und schonend zu nutzen, erläutert.

Ein weiteres Beispiel europäischer Initiativen auf dem Gebiet der nachhaltigen Ressourcennutzung stellte Prof. Dr. Jens Gutzmer, Helmholtz-Institut Freiberg für Ressourcentechnologie TU Bergakademie Freiberg mit seinem Beitrag „KIC EIT Raw Materials“ vor. Dieses neue KIC (Knowledge and Innovation Community = Wissens- und Innovationsgemeinschaft) ist innerhalb des 2008 gegründeten Europäischen Instituts für Innovation und Technologie (European Institut of Innovation and Technology, EIT) angesiedelt und hat das Ziel, innovative Lösungen in den Markt umzusetzen. Das EIT Raw Materials vereinigt derzeit Partner aus Industrie, kleineren Unternehmen, Universitäten und Forschungsinstituten aus 22 Ländern und soll wie eine Firma agieren. Erste praktische Umsetzungen in Form von Großprojekten sollen 2016 erfolgen.

Mag. Dr. Robert Holnsteiner, BMWFW Wien zeigte den strategischen Weg Österreichs zur Rohstoffsicherung auf. Er basiert auf drei Säulen: Sicherung der Rohstoffversorgung 1. aus einheimischen Rohstoffen, 2. aus Nicht-EU-Ländern und 3. durch Verbesserung der Rohstoffeffizienz und des Recyclings. Als Instrument dafür wurde 2012 die österreichische Rohstoff-Allianz gegründet, die sich als Plattform für Stakeholder zur Erarbeitung von Maßnahmen einer nachhaltigen Rohstoffsicherung versteht.

„Möglichkeiten und Grenzen des Recyclings“ war das spannende Thema des Referates von Prof. Dr.-Ing. Martin Faulstich (Bild 4), CUTEC Institut/TU Clausthal. Einleitend stellte der Referent fest, dass Recycling ein Kernprinzip zum Erreichen der Entkopplung zwischen Wirtschaftswachstum und Umweltauswirkungen ist. Den hervorragenden Möglichkeiten des Recyclings von Metallen, insbesondere Massenmetallen  stehen gravierende Grenzen gegenüber. Das ist einerseits der Rebound-Effekt (Effizienzsteigerungen führen zu erhöhter Produktion und erhöhtem Konsum), andererseits sind es unterschiedliche dissipative Verluste. Die einzelnen Kategorien weisen dennoch Verbesserungspotenziale auf, um die Gesamteffizienz der Kreislaufwirtschaft zu erhöhen. Ausführungen zur Kosten-Erlösstruktur rundeten die Betrachtungen ab.

Als Beispiel für Maßnahmen der Bayrischen Staatsregierung zur Rohstoffwende berichtete Prof. Dr. Armin Reller, Universität Augsburg über den Forschungsverbund ForCycle. Die Erforschung und Entwicklung innovativer Recyclingtechnologien und -verfahren innerhalb dieses Verbundes wird mit etwa 3 Mio. € bei einer Laufzeit von 3 Jahren gefördert. Der Referent zeigte an einer Vielzahl von Beispielen, wie man im Bereich Metalle, Komposite, biogene Polymerwerkstoffe und Baustoffe technische Lösungen für die effiziente Bereitstellung von Sekundärrohstoffen erreichen will.

In einem sehr schönen Übersichtsvortrag zum Stand der Forschung und Praxis des Recyclings brachte Prof. Dr.-Ing. Daniel Goldmann seine Überlegungen zum „Recycling – heute und morgen“ zum Ausdruck und beleuchtete dabei die Herausforderungen, Strategien, Strukturen und Technologien. Er ging auf Sammelsysteme, die Entwicklung von Rückgewinnungsraten auf verschiedenen Wertschöpfungsebenen ebenso ein wie auf recyclinggerechtes Konstruieren und erläuterte die Wichtigkeit einer transdisziplinären Forschung sowie die Existenz starker Verbünde aus Industrie und Forschungseinrichtungen. Nur so ließen sich die neuen Herausforderungen (weitere Zunahme der Rohstoffverbräuche  durch Wachstum der Weltbevölkerung, Rebound-Effekt, Entwicklung neuer Anwendungsfelder für bestimmte Rohstoffe) meistern.

Betrachtungen zur Kreislaufwirtschaft 2015 im Vergleich zum Stand vor 10 Jahren stellte Dr. Christian Hagelüken, Umicore AG & Co. KG. Hanau-Wolfgang an. Ausgehend von einem kurzen historischen Rückblick bis in die 1970er Jahre und Überlegungen zum Begriff der Kreislaufwirtschaft stellte der Autor an konkreten Beispielen vor allem von Metallen dar, auf welchem Niveau sich heute die Kreislaufwirtschaft befindet und welche Faktoren dieses beeinflussen. Seine Schlussfolgerungen: das Thema Kreislaufwirtschaft ist umfassend zu adressieren, es sind innovative Materialien und Produkte zu entwickeln, hochwertiges Recycling ist sicherzustellen, Recycling ohne Sammlung gibt es nicht  und schließlich sind übergreifende und langfristig orientierte Aktionskooperationen zu schaffen.

Erfahrungen aus der Praxis stellte Dipl.-Geol. Klaus Hieronymi, Hewlett-Packard Company, Bad Homburg in seinem „Beitrag eines führenden Herstellers von Elektronikgeräten zum Recycling“ vor. In sehr eindrucksvoller Weise zeigte er, dass der Stellenwert der Rohstoffe durch Kosten und Erlöse sowie die Verfügbarkeit bestimmt wird und das Management zu seinen Entscheidungen bringt. Da im IT-Bereich nur geringste Mengen an Metallen wie z.B. Ta, Nd, Ge, GaAs benötigt werden, sind auch die Materialkosten dafür gering (z.B. Metallkosten pro Drucker 5,4 %, pro Server 2,4 %, pro Laptop 1,7 %), die Verfügbarkeit kann dagegen schon problematisch werden. Ob sich ein Recycling lohnt, ist eine Frage des Preises. Substitution ist ein großes Thema im IT-Bereich genauso wie neue Trends bei der Herstellung, die in Richtung Miniaturisierung und Schaffung von Clouds (mehrere Nutzer für einen Server) gehen. Ein radikal neues Konzept von HP für die Datenverarbeitung von morgen ist „The machine“, in der Photonen die Elektronen ersetzen und Speicher mit Brontobytes (1027 Bytes) ermöglichen; durch Verwendung von Glasfaser ist kaum noch Cu erforderlich. Wichtiger als Recycling, bei dem über 96 % des Gerätewertes zerstört werden, sei die Verlängerung der Nutzungsphase, z.B. durch Reparatur und Wiederverwendung. Unter Berücksichtigung allen Für und Widers heißt die momentane Lösung Generalreparatur.

„Die Zero Waste Initiative der EU“ führte Prof. Dr. mont. Roland Pomberger, Montanuniversität Leoben in seinem Beitrag zu der etwas provokanten Frage „Motor oder Irrweg?“ (Bild 5). Das unter EU-Kommissionspräsident Barroso im Juni 2014 verabschiedete Paket zur Kreislaufwirtschaft, das ein Null-Abfallprogramm für Europa beinhaltete, wurde jetzt unter Kommissionspräsident Juncker zurückgenommen, was den Vortragenden zu kritischen Überlegungen zu den Gründen veranlasste. Prof. Pomberger erläuterte anhand von Zahlen und Fakten, dass der Weg zur Zero Waste Initiative, die sicher nur als Synonym für umweltgerechte und ressourcenschonende Abfallwirtschaft, nicht aber für eine tatsächliche Null-Abfallgesellschaft stehen kann, eine große Herausforderung für die meisten der EU-Mitglieder darstellen würde. Die EU müsste die Recyclingrate von rd. 50 auf rd. 70 % sowie die Verbrennungsrate von rd. 20 auf rd. 30 % erhöhen und die Deponierate von rd. 30 auf 10 % vermindern. „Es bleibt zu hoffen, dass die EU-Kommission 2015 einen verbesserten Entwurf zu den so notwendigen zukunftsorientierten abfallwirtschaftlichen Zielen und Regelungen vorlegt.“ meinte Prof. Pomberger abschließend.

2 Podiumsdiskussion: „Rohstoffsicherung und Arbeits‑
   plätze durch Recycling? Wohin steuert die Politik“

Moderiert von Prof. Daniel Goldmann diskutierten Prof. Gutzmer, Dr. Hagelüken, Dipl-Geol. K. Hieronymi, Prof. Pomberger und Dr. Sartorius zu dieser interessanten Thematik (Bild 6). Leider war kein Vertreter der Politik, als die eigentlichen Adressaten dieser Fragen, anwesend, so dass eine Beantwortung offen blieb und lediglich Mängel, Wünsche und  Vorstellungen geäußert werden konnten.

Das Manko der deutschen Abfall- und Recyclingwirtschaft brachte Dipl.-Geol. Hieronymi auf den Punkt: „Wir haben viel zu viele Gesetzeswerke, die nicht durchgesetzt werden.“ Dr. Sartorius beanstandete die europäische Strategie unter Juncker, die der Umweltpolitik nicht den Stellenwert einräumt, den sie brauche. Und Dr. Hagelüken bemängelte das Fehlen von entsprechenden Rahmenbedingungen für die Entwicklung und Einführung von Innovationen. Prof. Gutzmer ergänzte, dass für Unternehmensgründer Investitionsgelder fehlen, hier aber durch das KIC EIT, das das Risiko übernimmt, Hilfestellung geleistet werden kann.

Ein großes Thema waren illegale Deponien in vielen EU-Ländern wie Griechenland oder Slowenien, die deutsche  Anlagenbauer davon abhalten, dort zu investieren. Dabei könnte durch Schließen dieser Anlagen die Wirtschaft angekurbelt werden, z.B. anfänglich durch manuelles Sortieren. Gefordert wurden außerdem langfristige Strategien (Prof. Goldmann), die Planungssicherheit für Anlagenbauer und Recyclingunternehmen schaffen und, dass nicht nur über Rohstoffsicherung, sondern gleichermaßen über Umweltschutz diskutiert werden muss.

3 Fachspezifische Sitzungen

Erneut erwartete die Teilnehmer am zweiten Konferenztag ein ausgewogenes Angebot an interessanten fachspezifischen Vortragsthemen. Nachfolgend sollen die Themenschwerpunkte genannt und einige wenige technisch orientierte Vorträge mit ihren Autoren stellvertretend kurz behandelt werden.

3.1 Verfahrenstechnik

In dieser Sektion standen Zerkleinerungs-, Klassier- und Sortierverfahren als wichtige Verfahrensschritte des Recyclingprozesses im Fokus (Bild 7). Gerade bei der Metallaufbereitung besitzt die Zerkleinerung eine Schlüsselstellung wie Dr.-Ing. Siegmar Schäfer, ANDRITZ MeWa GmbH, Freiberg in seinem bemerkenswerten Übersichtsvortrag zeigte. An vielen Anwendungsbeispielen demonstrierte er die Vorteile des Universal-Zerkleinerers UC (2-Wellen-Rotor-Schere), des Universal-Granulators UG (Wirkprinzip rotierende Schlagschere) und des Querstrom-Zerspaners QZ im Recyclingbereich z.B. für die Aufschlusszerkleinerung von Verbunden, für die voluminösen Metallspäne, Ölfilter, Kühlgeräte u.v.a.m.

Ebenso interessant war der Beitrag von Dr.-Ing. Hubert A. Schwarz, Schauffler GmbH,  Ybbs a.d. Donau, der ein Verbundprojekt mit der Universität Leoben und der Lindner Recyclingtech GmbH, Spittal/Drau vorstellte. Mit Hilfe von 63 Materialien wurde eine Optimierung des spezifischen Energieeintrags bei der Zerkleinerung von metallischen Verbundstoffen mittels Prallbrecher bei Variation der Betriebsparameter (Wellendrehzahl, Verweilzeit, Spaltweite) untersucht.

Grundlagenuntersuchungen zur Zerkleinerung nicht spröder Leichtbauwerkstoffe wie faserverstärkte Kunststoffe, Al und AlMg-Legierungen mittels Scher-Reißbeanspruchung in einem modifizierten Schlagwerk bei Variation der Beanspruchungsgeometrie und -geschwindigkeit, der Art der Rotormesser, und der Spaltweite präsentierte M. Sc. Rico Ebert (Bild 8), TU Bergakademie Freiberg. Aus den Ergebnissen wurden Schlussfolgerungen für die technische Zerkleinerung dieser Stoffgruppe gezogen.

Wichtiges Thema bei den modernen Sortierverfahren stellt nach wie vor die Sensortechnik dar. Ihr widmete Dipl.-Ing. Patrick Lindweiler (Bild 9), Steinert Elektromagnetbau GmbH, Köln im Bereich Kunststoffrecycling seine Ausführungen. Ausgehend von den Grundlagen dieser Technik und den verschiedenen Sensortypen wurden die  für das Kunststoffrecycling geeigneten Techniken vorgestellt. Um den immer komplexer werdenden Sortieraufgaben gerecht zu werden, können unterschiedliche Sensoren heute miteinander kombiniert werden. Neuste Entwicklungen wie die Unisort Black Scan Anwendung mit Hyper Spectral Imaging Technologie für schwer zu detektierende Materialien z. B. dunkle und spektrenlose Objekte stellen eine neue Generation dieser Methoden dar.

3.2 Recycling von Fahrzeugen und Elektro-/Elektronikgeräten

Mit zunehmender Hightech im Fahrzeug- und Elektrogerätebau (Elektronik, Leichtbaustoffe, Verbundmaterialien, Vielfältigkeit der Inhaltsstoffe, insbesondere von sog. kritischen Metallen) aber auch durch die höheren ressourcenstrategischen und umweltpolitischen Forderungen in Deutschland und der EU kommt dem Recycling in diesen Bereich weiterhin große Bedeutung zu. Das zeigte sich auf der BR&RK nicht nur in der Anzahl der Vorträge und dem Interesse an dieser Sektion, sondern auch an der Vielschichtigkeit der Beiträge.

Altauto-Demontage (Prof. Dr.-Ing. Ralf Holzhauer, Westfälische Hochschule, Gelsenkirchen), Kaskadennutzung im Automobil (Dr.-Ing. Alexander Pehlken, Universität C.-von-Ossietzky, Oldenburg), Anreicherung von Aktivmaterialien aus Elektrodenbeschichtungen von Li-Ionen-haltigen Akkumulatoren (Dipl.-Ing. Martha Gellner, TU Bergakademie Freiberg) oder die Rohstoffpotenziale weißer Ware am Beispiel des Kühlschrank-Recyclings (Gerhard Jokic, REMONDIS Electrorecycling GmbH, Lünen) sind nur einige Beispiele dafür. Hervorzuheben ist dabei, dass in den fachspezifischen Beiträgen auch kritische Stimmen laut wurden, die unter Einbeziehung wirtschaftlicher Aspekte ein realistisches Bild von den derzeitigen Möglichkeiten des Recyclings widergaben und vor Euphorie warnten. Trotzdem sind die Forschungen auf diesem Gebiet unverzichtbar, um zu gegebener Zeit selbst auf solche Ergebnisse zurückgreifen zu können, die heute in ihrer Umsetzung noch eine Vision darstellen. Den hohen Stellenwert der getrennten Sammlung bzw. Erfassung für das Recycling komplizierter Geräte mit äußerst komplexen Strukturen zeigte Dipl.-Ing. Hannes Fröhlich, Electrocycling GmbH, Goslar für das Recycling von LED-Bildschirmgeräten.

3.3 Metalle

Bedeutung, Möglichkeiten und Grenzen des Metall-Recyclings waren Schwerpunktthemen in dieser Sektion. Umfassenden Übersichtvorträgen (z.B. Prof. Dr.-Ing. Wolfgang Rommel, bifa Umweltinstitut GmbH, Augsburg: „Rohstoffversorgung und Recycling – Bedeutung und Effektivität am Beispiel von Metallen“) standen Berichte zu konkreten Recyclingverfahren und -materialien gegenüber. In allen Vorträgen kam zum Ausdruck, dass insbesondere bei den Metallen, die keine Massenmaterialien darstellen, die Diskrepanz zwischen technischer Machbarkeit und Wirtschaftlichkeit gegenwärtig (noch?) enorm sein kann. Daher sind viele Verfahren auf die Gewinnung der Massenrohstoffe ausgerichtet. Geringste Gehalte, große Dissipation in den Produkten und ein hoher Aufwand für die Vorbehandlung sind einige der Ursachen.

Dennoch werden auch im Hinblick auf mögliche dramatische Veränderungen der Verfügbarkeit Forschungsprojekte zu dieser Thematik durchgeführt. Ein Beispiel dafür sind Untersuchungen, die M. Sc. Eng. Heinz Böni, empa Material Science and Technology, St. Gallen (Schweiz) in seinem Beitrag „Rückgewinnung von kritischen Metallen wie In und Nd aus Elektronikschrott auf der Stufe der manuellen und mechanischen Vorbehandlung“ vorstellte. Am Beispiel Neodym stellte Dr. Volker Zepf, Universität Augsburg auf Grund von umfangreichen Recherchen die Glaubwürdigkeit der veröffentlichten Daten in Frage und forderte die Prüfung derselben, ehe man Angaben zu möglichen Recyclingpotenzialen macht („Das verkannte Recyclingpotenzial der Seltenen Erden“). Über ein neues, saures Verfahren zum Recycling von Elektrolyse-Ausbruch aus der Primär-Al-Gewinnung referierte Dr.-Ing. Ingo Schönfelder, TU Clausthal. Es kommt ohne die sonst übliche Vorsortierung aus und besteht aus den Hauptprozessschritten Zerkleinerung/Siebung/mechanische Aktivierung – Laugung (H2SO4), Flotation und Kristallisation. Neben Al werden gereinigte Kathodenkohle und AlF3 gewonnen. Auch interessante Forschungsergebnisse zum Recycling von Mg (Dipl.-Ing. Stephanie Duwe, TU Clausthal) und die Rückgewinnung von Pt und Pd aus Katalysatoren (Dipl.-Ing. Udo Seiler, Verbrennungsanlagen GmbH, Stuttgart), wurden vorgetragen.

3.4 Strategie – Papier (PPK) – Kunststoffe

Eingeleitet wurde diese Sektion durch fünf weitere Beiträge zur Strategie im Recyclingbereich, beispielsweise „Ressourcenschonung durch Recycling – Ergebnisse einer Analyse für die Kreislaufwirtschaft“ von Dr. Ing. Markus Hiebel, Fraunhofer Institut UMSICHT, Oberhausen oder „Status des Projektes Best of the two worlds – Beispiel Ägypten“ von Dr.-Ing. Georg F. Melhart, Öko-Institut Darmstadt.

Im Bereich Papier-Recycling sind es das veränderte Verbraucherverhalten und die dadurch bedingte sinkende Produktion von grafischen Papieren sowie ein steigender Anteil an Papierverbunden, die zu einer Veränderung der Altpapierzusammensetzung führen werden. Welche Schlussfolgerungen sich daraus für das Recycling ergeben, leitete Prof. Dr.-Ing. habil. Christina Dornack, TU Dresden ab. Daneben waren das Ende der Abfalleigenschaft von PPK und die ewige Diskrepanz kommunale/gewerblich Sammlung von PPK Themenschwerpunkte.

4 Schlussbemerkungen

Nach wie vor deckt die Berliner Recycling- und Rohstoffkonferenz sowohl umweltpolitische und wirtschaftsstrategische als auch ein breites Spektrum fachspezifischer Themen auf dem Rohstoff- und Recyclingsektor ab. Sie wird ihrem Ziel, eine vielseitige Informations- und Diskussionsplattform für Fachleute und Politiker zu sein, um das Neueste aus dem Recycling- und Rohstoffbereich zu erfahren, in hohem Maße gerecht (Bild 10). Insbesondere in der Plenarveranstaltung wurde deutlich, dass neue Wege beschritten und forciert werden müssen, um den Trend der globalen Rohstoffgewinnung und -verarbeitung sowie des Konsums aufzuhalten. Instrumente dafür werden in Recyclingkonzepten, Effizienzsteigerungen und Kritikalitätsanalysen gesehen. Entscheidend für die gewünschte und dringend notwendige Rohstoffwende ist eine gesamtgesellschaftliche Bewusstseins- und  Verhaltenswende im Umgang mit den natürlichen Ressourcen. Dass zu dieser Problematik neben etablierten und erfahrenen Wissenschaftlern, Unternehmern und Politikern auch junge Wissenschaftler und Ingenieure aus Unternehmen zu Wort kommen, ist ebenfalls ein erfreuliches Prädikat dieser Konferenz.

Die meisten Vorträge sind in „Recycling und Rohstoffe“ Bd. 8, ISBN 978-3-944310-20-6 TK Verlag Karl Thomé-Kozmiensky, Neuruppin 2015, enthalten. Die nächste Berliner Recycling- und Rohstoffkonferenz findet voraussichtlich im März 2016 statt.

Autor/Author: Dr. Brigitte Hoffmann

Fachbüro für Abfallberatung und Umweltschutz

Oberschöna/Deutschland

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