Digitalisierung der Kreislaufwirtschaft?

Berliner Recycling- und Rohstoff­konferenz 2019

D‌ie Situation auf dem Rohstoffsektor und der Recyclingwirtschaft hat sich weder national, noch europäisch und global gegenüber dem letzten Jahr wesentlich geändert. Welche Anstrengungen vor allem in den europäischen Ländern unternommen werden, die auf dem Gebiet der Kreislaufwirtschaft eine Führungsrolle einnehmen, zeigte sich erneut auf der 12. Berliner Rohstoff- und Recycling-Konferenz am 11. und 12. März 2019. Die rund 300 Teilnehmer – Fachleute der Recycling- und Sekundärrohstoffwirtschaft, aus Planungsbüros, Consultingunternehmen, Universitäten und Hochschulen, aber auch aus der Politik und aus Verwaltungen zeugten von dem Stellenwert, der der Thematik zuzuordnen ist.

Eröffnet wurde die Konferenz durch M. Sc. Elisabeth Thomé-Kozmiensky, Geschäftsführerin der Thomé-Kozmiensky Verlag GmbH, Neuruppin, die auf ein parallel zur Konferenz stattfindendes Treffen (B2B-Meeting) mit einer iranischen Delegation aus dem Abfallsektor zur Förderung von Wissenstransfer und geschäftlicher Zusammenarbeit hinwies. Außerdem bestand während der beiden Konferenztage für die Teilnehmer die Möglichkeit, sich kostenlos über die Fördermöglichkeiten des Bundes informieren und beraten zu lassen. Des Weiteren wurde während der Plenarsitzung am Nachmittag für Studenten ein Workshop durchgeführt.

In seiner Einführung zur Veranstaltung brachte Prof. Dr.-Ing. Daniel Goldmann, TU Clausthal seine Freude zum Ausdruck, dass die wissenschaftliche Leitung der Konferenz nunmehr durch Prof. Dr.-Ing. Dr. h. c. Bernd Friedrich, RWTH Aachen verstärkt wird. Gemeinsam werde man das Vermächtnis von Prof. Dr.-Ing. habil. Dr. h. c. Karl Thomé-Kozmiensky auch zukünftig weiterentwickeln. Getrennt habe man sich von der Podiumsdiskussion, um weitere Vortragende zu Wort kommen zu lassen. Für die Programmkoordination zeichneten Dr.-Ing. Stephanie Thiel und Dr.-Ing. Olaf Holm, beide Thomé-Kozmiensky Verlag GmbH, Neuruppin verantwortlich.

Plenarsitzung – Rohstoffpolitik, Strategie
und Gesetzgebung

Die 14 Plenarvorträge des ersten Konferenztages wiesen ein großes Spektrum auf und umspannten die genannte Thematik, ohne dass auch in diesem Jahr umwälzende Neuorientierungen oder neue gesetzliche Regelungen vorgestellt werden konnten. Dennoch vermittelten u. a. die Ausführungen zu globalen Märkten, zur europäischen Rohstoffstrategie oder zur Digitalisierung der Kreislaufwirtschaft Kenntnisse und Erkenntnisse, die für das Verständnis der Rohstoff- und Recyclingpolitik in unserem Lande wichtig sind.

So betrachtete Eugen Weinberg, Commerzbank AG, Frankfurt/Main mit „Rohstoffmärkte im Banne der Wirtschafts-, Geld- und Geopolitik“ die Entwicklungen auf dem Weltmarkt. Die Rohstoffmärkte werden immer stärker durch die Wirtschafts-, Finanz- und Geopolitik beeinflusst. Der Referent ging speziell auf China ein, das sich nicht als Marktteilnehmer sieht, sondern seinen eigenen Weg gehen will. Er prognostizierte, dass China zukünftig weniger auf Rohstoffproduktion und -export setzen werde, sondern vielmehr auf Technologien, um zu einem Industriestaat zu werden. Dafür braucht China Intelligenz und kauft sie ein. Ein Manko sei allerdings, dass China total verschuldet sei. In der Diskussion wurde die Darstellung Chinas als zu positiv eingeschätzt und gefordert, sich mehr mit Deutschland zu befassen, da Deutschland viel größere Probleme hat. Durch Preisanstiege, Handelsbeschränkungen u. a. wird die Recyclingbranche immer mehr an Bedeutung gewinnen – so die einhellige Meinung. Das brachte auch Reinhard Bütikofer, Mitglied des EP, Brüssel in seinem Beitrag „Die EU als Recyclingstrategin“ zum Ausdruck. Er legte die Vorhaben der EU für die nächsten Jahre unter Berücksichtigung der neuen weltwirtschaftlichen Bedingungen dar und erinnerte an die bereits getroffenen Vereinbarungen für eine europäische Kreislauf- bzw. Recyclingwirtschaft, beispielsweise den im Dezember 2018 erreichten erfolgreichen Abschluss der Verhandlungen zur Verringerung von Kunststoffverpackungen, die bis 2030 alle recyclebar produziert werden sollen. Auch hier eine kritische Diskussion zum Umgang mit den Kosten des Recyclings, die keineswegs auf Dauer durch Subventionsmaßnahmen abzufangen sind.

China war auch das Thema von RA Dr. Ulrich Teich, SCHINDHELM Schmidt Rogge Thoma Rechtsanwälte, Düsseldorf, der sich den „Herausforderungen für den Sekundärrohstoffmarkt im Kunststoffbereich zwischen chinesischen Handelsrestriktionen und der Kunststoffstrategie der EU“ widmete. Er legte die chinesische Abfallwirtschaft dar (2009 wurde ein Kreislaufwirtschaftsgesetz erlassen) und zeigte die Diskrepanzen zwischen gesetzlichen Vorschriften und realem Umgang mit Abfällen auf. Sein Fazit: China ist ein interessanter Markt für deutsche und europäische Unternehmen auf allen Gebieten der Entsorgungs- und Kreislaufwirtschaft. Zurzeit siedeln chinesische Unternehmen in Deutschland an, um z. B. Kunststoff-Rezyklate für China herzustellen. Deutsche Unternehmen sollten mit solchen Firmen kooperieren. Eine derartige Zusammenarbeit mit chinesischen Firmen empfiehlt Dr. Thiel auch für Landfill Mining in China.

Einige Beiträge waren zwar nicht uninteressant, brachten aber auch keine wesentlichen Neuigkeiten, wie beispielsweise der Übersichtsvortrag von Frau Prof. Dr. Bettina Rechenberg, Umweltbundesamt, Dessau über den Umgang mit Elektroaltgeräten. Allerdings ist bemerkenswert, dass neben der Gewinnung der Wertstoffe auch die Ausschleusung von Schadstoffen als eine wichtige Aufgabe der Kreislaufwirtschaft genannt wurde. Inwieweit ein Plenarbeitrag über die Beschaffung von Bundesforschungsmittel (Regierungsdirektor Dr. rer. nat. Helmut Löwe, BMBF, Bonn: „Ressourceneffiziente Kreislaufwirtschaft“) sinnvoll ist, zumal ja außerhalb der Vorträge eine Beratung dazu angeboten wurde, ist zumindest eine Überlegung wert. In diese Kategorie gehört auch der Beitrag von Universitätsprof. Dr. mont. Roland Plomberger, Montanuniversität Leoben/Österreich, der sich mit der Frage auseinandersetzte, welche Beschäftigungseffekte eine optimierte Restabfallbehandlung mit sich bringt. Sehr nachvollziehbar: je differenzierte das abfallwirtschaftliche System, desto mehr Arbeitsplätze werden benötigt.

Im rechtlichen Teil der Plenarsitzung stand zunächst die Umsetzung des Verpackungsgesetzes zur Diskussion. RA Prof. Hartmut Gaßner, Gaßner, Groth, Siederer & Coll. Partnerschaft von RAe mbH, Berlin erläuterte nach einem kurzen historischen Abriss vom Erlass der VerpV (1991) bis zum Inkrafttreten des Verp.G Anfang 2019 die Kompliziertheit des Gesetzes mit all seinen Abstimmungserklärungen zwischen öffentlich-rechtlichen Entsorgungspflichtigen und Systembetreibern, den Modalitäten bei den Fraktionen LVP und PPK sowie den vielen Ungereimtheiten hinsichtlich Sicherheitsleistungen u. a. das VerpackG ist nicht ideal, es ist ein Gesetz der Kompromisse. Die Entsorgung von Verpackungen ist aber mit einem hohen Symbolwert verbunden, der weit über ihre abfall- und volkswirtschaftliche Bedeutung hinausgeht”, schloss Prof. Gaßner seine Ausführungen.

Auch bei der Umsetzung der bereits am 01. August 2017 erlassenen novellierten Gewerbeabfallverordnung (GewAbfV) gibt es noch heute erhebliche Defizite, vor allem im Hinblick auf den Vollzug, wie Peter Kurth, geschäftsführender Präsident des BDE e.V., Berlin aufzeigte. So sind die Vollzugshinweise (LAGA M 34) auch heute noch nicht fertig. Als positiv schätzte der Referent die Ausweitung der Getrenntsammlung, die stärkere Berücksichtigung des Recyclings und die Fokussierung auf die Abfallerzeuger ein. Negativ dagegen den fehlenden Blick auf die Märkte für die Rezyklate, den „Quotenzauber”, d. h. viel zu hohe Recyclingquoten – eine Quote von 30 % sind bei Getrenntsammlung im Rest illusorisch und ohne eine finanzielle Ausrüstung (Personal) der Kommunen ist eine flächendeckende Kontrolle bei 3,23 Mio. Abfallerzeugern kaum realisierbar. Daher hat der BDE e. V. auch bei der nach drei Jahren festgeschriebenen Nachjustierung der Novelle schon jetzt einige Forderungen formuliert.

Die Auswirkungen der in der neuen Abfallrahmenrichtlinie 2018/851 vom Mai 2018 beschriebenen Berechnungsmethode auf die Erreichung der festgelegten Recyclingquoten von Siedlungsabfällen im Ländervergleich Deutschland, Österreich und Schweiz analysierte Thomas Obermeier, TOMM+C Management & Consulting, Berlin. Seine umfangreichen Berechnungen wiesen aus, dass alle Länder nicht mehr wie bisher Quoten von > 50 % aufweisen, (Deutschland bisher 67,6 %) und die vorgegebenen Ziele (2025: 55 %) noch nicht erreicht werden. Inwieweit hier Definitionsfragen (Grundgesamtheit des Siedlungsabfalls, Recyclingquoten) auch weiterhin Einfluss auf die Berechnungen haben, wird sich zeigen.

Den letzten Komplex der Plenarveranstaltung bildeten drei Vorträge zur Digitalisierung in der Recyclingwirtschaft mit sehr unterschiedlichen Perspektiven. Parallelen zwischen Energie- und Rohstoffwende zeigte Staatsministerin a. D. Eveline Lemke, Sustainability and Circular Economy Consulting, Niederzissen auf, die sich dabei der Bedeutung von neuen Business-Modellen, der Digitalisierung und dem Mittelstand widmete. „Wir brauchen nicht Effizienz, sondern Effektivität“, so ihr Credo, das sie mit etlichen Beispielen belegte, u. a. das sog. Laser-Deinking. Bei diesem Verfahren aus Israel wird die Druckerschwärze direkt beim Verbraucher vom Papier abgelöst, das sofort wiederverwendet werden kann.

Mit dem Ziel, die Getrenntsammlung von Abfällen durch Einsatz modernster Technik in Österreich zu verbessern, beschäftigte sich Ralf Mittermayr, Saubermacher Dienstleistungs AG Feldkirchen/Österreich. Anlass war, dass nur 25 – 30 % Restabfall in der Restmülltonne landen, der weitaus größere Teil sind Wertstoffe. Um das zu ändern, wurden neue Technologien erarbeitet, wie der Wertstoffscanner und die intelligente Abfalltonne. Ihre Wirkungsweise und erste positive Ergebnisse ihres Einsatzes in zwei steirischen Gemeinden seit August 2018 wurden von dem Referenten dargelegt. Die Trennqualität verbesserte sich deutlich, der Restabfall stieg auf 70 %.

Prof. Dr.-Ing. Daniel Goldman, TU Clausthal legte schließlich in seinem Übersichtsvortrag „Recycling 4.0 – Auf dem Weg zur Digitalisierung der Kreislaufwirtschaft“ dar, wie es durch Digitalisierung, eine effektive Informationsbereitstellung und die Vernetzung der verschiedenen Akteure gelingen kann, die zukünftigen Probleme der Kreislaufwirtschaft erfolgreich anzugehen und zu lösen. Zunehmend komplexere Produkte erfordern eine effiziente, ganzheitliche Steuerung von Recycling- bzw. Verwertungssystemen, die aber bis heute noch nicht existieren. An Beispielen zeigte Prof. Goldmann, wie aber schon heute die Digitalisierung greift und es gelingt, einschätzen zu können, welche Teile oder Stoffe recycelt oder thermisch verwendet werden sollten. Ein Paradebeispiel dafür ist das Produktionssegment Automobil, das der Referent als Fallbeispiel darstellte.

Fachspezifische Sitzungen

Am zweiten Konferenztag wurde den Teilnehmern ein interessantes wissenschaftliches Programm in vier Sektionen mit über 40 fachspezifischen Vorträgen angeboten, die zeitlich so aufeinander abgestimmt waren, dass ein Wechsel zwischen den Sektionen möglich war.

Themenschwerpunkte waren:

Kunststoffe

Metalle

Elektro(nik)geräte/ Elektromobilität/ Fahrzeuge/ Batterien

Wiederverwendung/Nutzungsverlängerung von Produkten

r+ Impulsprojekte

Im Rahmen des Berichtes ist es nicht möglich, auf alle Vorträge einzugehen. Nachfolgend sollen aber einige wenige, technisch orientierte Vorträge ausgewählter Themenschwerpunkte mit ihren Autoren stellvertretend kurz behandelt werden.

Sektion Kunststoffe

Die Katastrophenmeldungen zur Verschmutzung der Ozeane mit Kunststoffabfällen nehmen kein Ende. Erwartungsgemäß spielte daher in dieser Sektion das Thema „Kunststoffe in der Umwelt“ eine wichtige Rolle. Eingeleitet wurde die Vortragsreihe aber zunächst mit einem Übersichtsvortrag von Dipl.-Wirtsch.-Ing. Christoph Lindner, Conversio Market & Strategy GmbH, Mainaschaff zum „Stand der Produktion, Verarbeitung und Verwertung von Kunststoffen in Deutschland“, der mit einer Fülle von Datenmaterial aufwartete.

Danach dann „Kunststoffe in der Umwelt: Mikro- und Makroplastik – Quellen, Mengen, Ausbreitung, Wirkungen und Lösungsansätze“ – ein Beitrag von Dipl.-Ing. Jürgen Bertling, Fraunhofer Institut UMSICHT, Oberhausen. Auf der Grundlage der Quantifizierung von Makro- und Mikroplastik in der Umwelt wurden der Wissensstand grob skizziert und darauf aufbauend die Grundzüge einer Lösungsstrategie vorgestellt.

Zwei weitere Beiträge beschäftigten sich mit Maßnahmen und Lösungen gegen die Verschmutzung der Meere mit Kunststoffen (Stefanie Werner, Umweltbundsamt, Dessau-Roßlau) und der Harmonisierung von Untersuchungsverfahren für diese Abfälle (Dr. rer. nat. Ulrike Braun, Bundesanstalt für Materialforschung und-prüfung, Berlin).

Nach wie vor ein aktuelles Thema: das Recycling von Kunststoffen, das in der Fachwelt auch kontrovers diskutiert wird. Und so hörte sich der Titel des Beitrags von Prof. Dr. Rainer Bunge, Hochschule für Technik Rapperswil/CH auch fast provokant an: „Kunststoffrecycling lohnt sich nicht“. In der Schweiz werden Kunststoffabfälle zum überwiegenden Teil thermisch verwertet. Dadurch kamen die Umweltbehörden unter Druck und gaben eine Studie in Auftrag, die den ökologischen Nutzen und die Kosten des stofflichen Kunststoffrecyclings nachweisen sollte. Diese zeigte, dass die Sammlung von Post-consumer-Kunststoffverpackungen nur einen marginalen ökologischen Nutzen bei untragbar hohen Kosten bringt. Anhand umfangreicher Untersuchungen und Datenauswertungen leitete Prof. Bunge ab, dass Kunststoffrecycling nicht nur ineffizient, sondern auch ökologisch wenig effektiv ist. Die Effektivität sinkt zusätzlich, wenn – wie in der EU weit verbreitet – gemischte Kunststoffe in Schwellenländer exportiert werden. Auf Grund dieser Ergebnisse sah die Schweizer Umweltbehörde keinen Anlass, die Kunststoffsammlung (Festlegung von Quoten) per Gesetz einzuführen. Unterstützt wird dagegen die Sammlung von Monofraktionen, z. B. PET durch die Privatwirtschaft (Detailhandel).

Ganz anders betrachtete Dr. rer. nat. habil. Thomas Probst, Bundesverband Sekundärrohstoffe e. V., Bonn diese Thematik und gab eine entsprechende Replik „Kunststoffrecycling lohnt sich doch!” Zwar befürwortete er das Schweizer System durchaus, stellte aber einleitend fest, dass sein Vorredner das deutsche System zu schlecht beurteilt habe. Analog dem Vorgehen von Prof. Bunge betrachtete Dr. Probst sowohl die ökonomischen als auch  die ökologischen Aspekte, vor allem unter den neuen Marktbedingungen. Der Referent kam zu dem Schluss, dass in Deutschland allein die werkstoffliche Verwertung aus Sicht der Kunststoffrecycler eine positive Wertschöpfung darstellt. 2017 wurden in Deutschland 2,87 Mio. t Kunststoffabfälle (46,7 %) stofflich verwertet. Die daraus entstandenen 1,87 Mio. t Rezyklate erzielen Nettopreise von 550 bis 1.380 €/t. Eine Verbrennung der Kunststoffabfälle würde bei den derzeitigen Preisen in MVA’s von 120 bis 170 €/t erhebliche Zusatzgebühren für die Bürger verursachen.

Wie zu erwarten entspann sich eine lebhafte Diskussion, die einerseits den hohen Aufwand der getrennten Sammlung mit all ihren Problemen wie z. B. Flächenaufwand für Bereitstellung, hohe Fehlwurfquoten oder erheblich geringere Erlöse für Rezyklate als genannt, andererseits die Abschätzung des ökologischen Nutzens oder die Probleme des Literings zum Inhalt hatte.

Weitere Themen dieser Sektion waren u. a. die Auswirkungen neuer Anwendungsverbote für Flammschutzmittel in Kunststoffen auf das Recycling von Altfahrzeugen (Dr. Ing. Georg F. Mehlhart, Öko-Institut e. V., Darmstadt) oder Separationstechniken für schwarze Kunststoffe (Dipl.-Ing. Andreas P. Wunsch, hamos GmbH Recycling- und Separationstechnik, Hameln.

Sektion Metalle

Eine breite Palette von Materialien und Verfahren wurden in den 10 Beiträgen dieses Fachbereichs vorgestellt. Längst spielen Vielkomponentensysteme auch bei Metallen eine wichtige Rolle und damit ist ihr Recycling eine ähnliche Herausforderung wie bei anderen Materialmixen. Eindrucksvoll zeigte das Frau Dr.-Ing. Elinor Rombach, RWTH Aachen in ihrem Beitrag „Innovatives Polymetallrecycling – Herausforderungen und Lösungsansätze“. Sie hob die besondere Stellung der Metalle hervor, die praktisch „ewig“ recycelbar sind, zeigte aber auch, dass durch die Miniaturisierung und metallischen Verbundmaterialien das Verhältnis von Nutzen zu Aufwand ungünstig werden kann. Zwar sei das Ziel, geschlossene, abfallfreie Produktionskreisläufe zu schaffen, aber in der Realität funktioniere das nicht (Schadstoffsenke). In Sekundärrohstoffen sind die Begleitelemente oft zahlreicher als in Primärrohstoffen, d.h. die Bandbreite der Metalle – vor allem in Elektronikabfällen - nimmt zu. Im konventionellen Recyclingprozess geht die Mehrzahl dieser Metalle verloren, die aber oft den Werterlös ausmachen. Die Problematik der Störelemente wie Kohlenstoff, Brom, Chlor, Fluor, Natrium oder Schwefel und ihr negativer Einfluss auf die pyro- und hydrometallurgischen Prozesse wurde ebenso beleuchtet wie das Ausschleusen derselben (Polymetallrecycling in Verwertungskaskaden).

Das Recycling von Superlegierungsschrotten auf Basis von Ni und Co („Aufbereitung und Qualitätssicherung auf dem Weg zurück zum High-Tech Metall“) stand im Beitrag von Dr. Joachim Lünig, Siegfried Jacob Metallwerke GmbH & Co. KG, Ennepetal zur Debatte. Nach einem kurzen historischen Abriss zur Entwicklung von Superlegierungen und der Darstellung des Recyclingkreislaufs mit Kreislauf-, Produktions- und Altschrott ging er auf die anspruchsvolle Analytik ein, die notwendig ist, um Recyclingmaterial höchster Güte zu erzeugen. Eine entsprechende Schrottverarbeitung liefert einen hochwertigen Schrott, der im Vakuumofen weiter zur Superlegierung verarbeitet werden kann, der auch zur Herstellung kritischer Bauteile (Flugzeugtriebwerke) geeignet ist. Um zukünftig die immer komplexeren Bauteile mit ihren Beschichtungen und Verbünden sortenrein aufarbeiten zu können und ein nichtfunktionelles Downcycling zu verhindern, sind alternative pyro- und hydrometallurgische Wege unumgänglich.

Einen breiten Raum nahmen Vorträge zur Sortierung von Schrotten ein. Beispielsweise stellte Dr. Claudius Laska, Hydro Aluminium Rolled Products GmbH, Bonn „LIBS-basierte Sortierung als Lösung für Automobilschrott“ vor. Aber auch die sensorgestützte Sortierung (Dipl.-Ing. Martin Geisler, Cronimet Ferroleg. GmbH, Karlsruhe) und die Wirbelstrom-Sortiertechnik (Dipl.-Ing. Georg Dorninger, IFE Aufbereitungstechnik GmbH, Waidhofen) standen zur Diskussion. Nach wie vor ein aktuelles Thema mit Optimierungspotenzial: die Rückgewinnung von Zink aus Stahlwerksstäuben oder die Vorstellung eines Verfahrens zur Entölung von kühlschmierstoffbehafteten Metallspänen und -schlämmen, um nur einige zu nennen.

Sektion Elektro(nik)geräte/Elektromobilität/Fahrzeuge/Batterien

Von den 11 Vorträgen dieser Reihe, die ebenfalls auf Nachhaltigkeit und Digitalisierung der Kreislaufwirtschaft ausgerichtet waren, sollen drei hervorgehoben werden.

Dr. Siegfried Kreibe, bifa Umweltinstitut GmbH Augsburg referierte über die Rückgewinnung von Edel- und Sondermetallen, ein Gebiet, dem bereits viele Forschungsprojekte gewidmet waren, die Umsetzung ihrer Ergebnisse scheiterte aber meist an den wirtschaftlichen Herausforderungen, die damit verbunden sind. Im Vortrag wurde das Verbundprojekt ILESA (Edel- und sondermetallhaltige Abfallströme intelligent lenken: Bündelung, Zwischenlagerung, Rückgewinnungsgrad) beschrieben, in dem im Auftrag des Bundesumweltamtes zahlreiche edel- und sondermetallhaltige Abfallströme untersucht wurden. Ziel war es, Maßnahmen zu identifizieren, mit denen die Rückgewinnung dieser Metalle verbessert oder überhaupt erst ermöglicht werden kann. An den Beispielen SE-haltige Magnetwerkstoffe und edelmetallhaltige Bauteile aus Fahrzeugen zeigte er, wie durch bestimmte Maßnahmenoptionen die Verwertungsquoten gesteigert und optimiert werden können. Allerdings sollten die Maßnahmen im Verhältnis zum ökologischen Nutzen angemessen angewandt werden. Aufwendige gesetzgeberische Maßnahmen scheinen im Augenblick nicht sinnvoll.

Die Ergebnisse einer Studie zur Umsetzung der WWE2-Richtlinie (RL 2012/19EU zur Bewirtschaftung von WEEE = waste electriccal and electronic equipment), die im Auftrag der Europäischen Kommission 2016/2017 durchgeführt wurde, präsentierte Maximilian Kling, Ramboll Environment & Health GmbH, München. Ziel der Studie war es, die Richtlinie hinsichtlich ihres technischen Inhalts zu überprüfen und zu bewerten, inwieweit die Mitgliedsstaaten in der Lage sind, diese umzusetzen. Außerdem sollte damit der Informationsaustausch über die Praktiken der Bewirtschaftung von WWE ermöglicht und gefördert, sowie die derzeitige Sammlung und Behandlung  verbessert werden. Für die EU-Kommission sowie für die einzelnen Mitgliedsstaaten wurde eine ganze Reihe von Empfehlungen zur Verbesserung der Bewirtschaftugn von WEEE abgeleitet.

Lithium bleibt aufgrund seiner Eigenschaften eine Schlüsselkomponente für Li-Ionen-Batterie und das Interesse am Recycling der Altbatterien ist trotz der Schwierigkeiten der Aufbereitung ungebrochen, zumal sich laut Marktforschung die Nachfrage für Li bis 2025 verdoppeln oder sogar verdreifachen könnte. Bereits im vergangenen Jahr war das Recycling dieser Batterien ein wichtiges Thema auf der Berliner Konferenz.  In diesem Jahr nun bekamen die Teilnehmer aus berufenem Munde die Fortentwicklung, die die Firma REDUX Recycling GmbH, Offenbach erzielt hat, durch den Beitrag von Dipl.-Ing. Holger Kuhlmann, Geschäftsführer dieser Firma, präsentiert. Das führende Batterie-Recycling-Unternehmen in Europa (Marktanteil 40 %) hat seit 2011 großen Aufwand für die Entwicklung eines Verfahrens und den Aufbau einer Anlage für das Li-Ionen-Batterie Recycling betrieben und erfolgreich zu Ende geführt. Seit Juni 2018 läuft die für 10 000 t/a ausgelegte, hochmoderne, innovative Anlage mit einem Durchsatz von 5 t/h. Der Referent erläuterte die Anlage im Detail und ging auf die erforderlichen hohen Sicherheitsstandards (hoher Energieinhalt und hohe Energiedichte der Altbatterien) ebenso ein wie auf die Auflagen, die das Unternehmen bei diesem schwierigen Recyclingprozess auferlegt bekommt. Schließlich stellte er das erste Vollservice-Rücknahmesystem für Li-Ionen-Batterien –SIMPLiRETURN - vor, ein Joint Venture zwischen Interseroh und der österreichischen Saubermacher Dienstleistungs AG.

r+Impuls-Projekte

In sechs Vorträgen wurden Vorhaben vorgestellt, deren Ziel es ist, innovative industrielle Verfahren zur Marktreife zu bringen und mit deren Hilfe der Rohstoffverbrauch im Produktionsprozess direkt oder durch das Recycling gebrauchter Materialien indirekt reduziert werden kann. Beispiele hierfür sind

EZiRec – Effektives Zinnrecycling aus den Abfallprodukten der Leiterplattenfertigung (Dr. Nils Schirmer, TIB Chemicals AG, Mannheim oder

Edelmetall-Adsorber – Rückgewinnung von Edelmetallen aus Reststoffströmen der metallverarbeitenden Industrie mittels faserfixierten Adsorbern (Dr. Klaus Opwis, Deutsches Textilforschungszentrum Nordwest gGmbH, Krefeld).

Wiederverwendung/Nutzungsverlängerung
von Produkten

Zwar hat der Gesetzgeber der Wiederverwendung von Abfällen bereits in der Abfallhierarchie des KrWG mit Platz zwei in der Rangfolge einen hohen Stellenwert in seiner Abfallvermeidungsstrategie eingeräumt, aber die Umsetzung lässt noch viele Möglichkeiten offen. Dass man sich dieser Problematik immer stärker annimmt, zeigte sich in der eigenen kleinen Sektion, die dafür im Berlin organisiert wurde.

Beispielsweise referierte Dipl.-Ing. Thomas Holberg, TES-AMM Central Europe GmbH Recklinghausen über den Gebrauchtmarkt für elektronische (IT) Geräte. Das Thema ist umso interessanter, als durch das Konsumverhalten ein Anstieg des globalen Elektronikschrottaufkommens bis 2021 auf über 50 Mio. t prognostiziert wird. Etwa 80 % des heutigen Aufkommens werden ungeregelt gehandelt und vielfach in Schwellen- und Entwicklungsländer exportiert. In einem umfassenden Übersichtvortrag ging der Autor auf die Verwendung vor der Verwertung, Wertschöpfung durch Verkauf, die längere Nutzungsdauer in den IT-Unternehmen, das Überholen bzw. Instandsetzen von Geräten (refurbishing), die Wiederverwendung und den globalen Gebrauchwarenhandel unter Einbeziehung von ITAD-Unternehmen (IT Asset Disposition, Dienstleister für die Rücknahme von ausgedienten IT-Geräten) ein.

Christian Dworak, BSH Hausgeräte München berichtete über die „Vorbereitung zur Wiederverwendung am Beispiel von Elektro- und Elektronik-Geräten“ und Sybille Meyer, Fair Cup UG, Göttingen stellte ein vielseitig einsetzbares Pfand-Mehrwegsystem – FairCup vor.

Schlussbemerkungen

Auch die 12. Berliner Rohstoff- und Recyclingkonferenz konnte die Erfolgsserie der Veranstaltung fortsetzen. Mit viel Engagement und Professionalität hat die Thomé Verlag GmbH die Organisation dieser größten Recyclingveranstaltung in Deutschland vorgenommen. Das Interesse an der Veranstaltung ist ungebrochen. Erneut wurden ausgezeichnete Referenten gewonnen und vor allem im fachspezifischen Teil am zweiten Konferenztag eine Fülle von interessanten Themen – sowohl Forschungsvorhaben als auch wissenschaftliche Untersuchungen und industrielle Anwendungen – behandelt. Der Wegfall der Podiumsdiskussion in diesem Jahr war angesichts der Tatsache, dass keine grundsätzlichen gesetzlichen Neuregelungen zur Diskussion standen, angebracht. Sollte tatsächlich die Mantelverordnung in diesem Jahr verabschiedet werden, würde im nächsten Jahr sicher wieder ausreichend Gesprächsstoff dafür vorliegen. Wieviel noch getan werden muss, um Kreislaufwirtschaft 4.0 in Deutschland zu praktizieren, wurde mehrfach dargelegt und kritisch diskutiert. Die Veranstaltung zeigte deutlich, dass in Deutschland auf dem Recyclingsektor viel passiert, dass man bemüht ist, Forschungsergebnisse in die Industrie zu überführen, dass aber ökonomische Zwänge und geringe ökologische Effekte oftmals noch Hinderungsgründe sind.

Die meisten Vorträge sind in „Recycling und Rohstoffe“ Bd. 12, ISBN 978 –3-944 310-46-6 Thomé-Kozmiensky Verlag GmbH, Neuruppin 2019 enthalten oder über http://www.vivis.de/fachbuecher/recycling-und-rohstoffe/464-recycling-und-rohstoffe-band-12 abrufbar. Die nächste Berliner Recycling- und Rohstoffkonferenz findet am 02. und 03. März 2020 statt.

Autorin/Author:

Dr. Brigitte Hoffmann, Consulting Kreislaufwirtschaft/

Umweltschutz, Oberschöna

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