Automatisch reproduzierbar

Neu entwickeltes automatisches Gas-Pycnometer PYC 130-A

Studiert man Chemie, Material- oder Verfahrenstechnik stehen Dichtemessungen auf der Tagesordnung. Aber wie genau und reproduzierbar sind die Ergebnisse mit einem manuell befüllten Pyknometer? Sind die äußeren Parameter im Normbereich bzw. sind Abweichungen bestimmt und eingerechnet?

 

Das alles fragten die Ideengeber für die Entwicklung und den Bau eines automatischen Pyknometers: Prof. Dieter Schwechten, bis 2020 an der HTWG Konstanz tätig, jetzt im Ruhestand und Jens Corell von der Siebtechnik GmbH. Jens Corell ist seit 2000 Abteilungsleiter für den technischen Bereich Probenahme, Zerkleinerung und Laborgeräte bei der Siebtechnik GmbH.

 

Zur Charakterisierung von Partikeln bzw. Schüttgütern ist die Angabe der Reindichte eine elementare stoffliche Kenngröße und wird in industriellen Prozessen häufig benötigt. Daher gehört die Messung der Skelett- oder Reindichte mit Gaspyk-nometern zum täglichen Geschäft in der Partikeltechnologie. Die händische Messung ist jedoch aufwendig, zeitintensiv und reagiert sensibel auf Bedienungsfehler. Eine Messung allein dauert ca. 15 Minuten, bei systematischen Messreihen oder Messungen zur Prozesskontrolle summiert sich die Zeit dann erheblich. Deshalb wurde an der HTWG Konstanz im Bereich Verfahrenstechnik von Prof. Schwechten die Idee geboren, ein vollautomatisches Gaspyknometer mit integrierter Waage für Routinemessungen zu entwickeln. „Eigentlich war die Dichtemessung nur eine erste Ausgangsgröße, die die Studenten bei mir durchführen sollten. Daraus sollten dann weiterführend z.B. Massenströme oder Bilanzen gerechnet werden. Wenn allerdings die Pyknometermessungen schon fehlerhaft waren, kamen natürlich auch für die Massenbilanzen keine brauchbaren Ergebnisse heraus. Das hat dann zu Frust bei den Studenten geführt. Ich dachte, dass eine automatisierte Dichtemessung genau das richtige Hilfsmittel wäre“, erzählte Prof. Schwechten über die Geburt seiner Idee.

 

Allerdings fehlte noch der passende Industriepartner, um eine solche Idee Realität werden zu lassen. Am besten greift man dann auf langjährige, erprobte Beziehungen zurück. Auf einer POWTECH wurde die Anfrage an Jens Corell und die Firma Siebtechnik GmbH herangetragen. „Die Chemie stimmte und wir wurden uns schnell einig“, erinnert sich Corell an die Geburtsstunde des BULKINSPECTORS. „Da wir schon langjährige Erfahrung bei der Entwicklung von Probenahmesystemen und auch anschließender Analytik haben, passte der BULKINSPEKTOR gut zu unserem Portfolio.“

 

Die manuelle Rein-Dichtemessung von Schüttgütern mit Pyknometern hat mehrere Nachteile. Zum einen die Probenahme. Sie muss eine homogene, repräsentative Stichprobe der Gesamtmenge darstellen. Die Einwaagen müssen sehr präzise vorgenommen werden. Durch nicht temperierte Proben und/oder Messbecher, kann es zu erheblichen Abweichungen bei der Dichtebestimmung kommen, da mit einem Pyknometer Volumen bestimmt werden, welche von der Temperatur abhängig sind. Neben diesen häufigen Fehlerquellen gibt es noch eine Reihe weiterer, die die Messung beeinflussen. Durch eine automatische, maschinelle Messung können diese Fehlerquellen beseitigt und die Präzision und Streuung der Messergebnisse erheblich verbessert werden. Ein weiterer  Vorteil ist die enorme Zeitersparnis, bei automatischer Probenahme und Bestückung des Messgerätes können z.B. Probenreihen über Nacht ohne Personal gemessen werden.

 

Nach einer ca. zweijährigen Entwicklungszeit konnte der BULKINSPECTOR im Januar 2022 auf den Markt gebracht werden. Dem ging ein intensiver Austausch zwischen Prof. Schwechten und der Siebtechnik GmbH voraus. Von der HTWG Konstanz hatten Studenten die Möglichkeit, in Mülheim, im Technikum der Siebtechnik, statistische Messreihen durchzuführen, um so die Funktionsweise des Pyknometers zu optimieren.

 

Der BULKINSPECTOR PYC 130-A stellt ein vollautomatisches Messsystem zur Rein- bzw. Skelettdichtemessung dar. Das Probenmaterial wird dem Gerät von außen zugeführt, idealerweise über ein Probenmagazin. Die Probe wird dann mit einem Handhabungsgerät in die Messzelle eingebracht und dort das Volumen der Probe mittels Mehrfachmessung bestimmt. Danach befördert das Handhabungsgerät die Probe weiter zur Waage, um die Probenmasse zu ermitteln. Danach wird die Dichte berechnet und ausgegeben. Abschließend entleert das Handhabungsgerät die gemessene Materialprobe in einen Altmaterialsammler. Der Messbecher wird mit Druckluft gereinigt und steht für die Aufnahme der nächsten Probe bereit. Für die automatische Kalibrierung kann einer der Messbecherstellplätze mit einem Kalibriervolumen versehen werden, so dass eine Rekalibrierung vorgenommen werden kann. Über ein Peltier-Element wird die Temperatur im Inneren des isolierten Messsystems konstant gehalten.

 

Die Bedienung des Gerätes erfolgt über ein mitgeliefertes Tablet. Auch die moderne Software, mit der das Analysensystem gesteuert wird, stammt aus dem Hause Siebtechnik und wurde speziell für dieses Gerät entwickelt.

 

Über eine App auf dem Tablet steht dem Anwender eine moderne, nutzerfreundliche Bedienoberfläche zur Verfügung. Sowohl Messregime als auch Messprotokolle lassen sich auf dem Tablet speichern. Wichtig war den Entwicklern die Probennachverfolgbarkeit und die Prüfmittelüberwachung. Diese Daten können jederzeit abgerufen werden und gehen auch bei einem eventuellen Stromausfall nicht verloren. Zusätzlich hat der Bediener Zugriff auf die Betriebsanleitung und kann Ersatz- und Verschleißteile darüber direkt bei der Siebtechnik GmbH anfragen.

 

Die möglichen Einsatzgebiete sind sehr vielfältig (siehe auch Infokasten). Jens Corell schildert eine fiktive praktische Anwendung des BULKINSPECTORS als Beispiel: „Aus einem Schüttgutstrom von 100 t/h mit einer Körnung von 0,3 mm soll eine Dichtemessung am BULKINSPECTOR gemacht werden. Dafür wird in die Fallleitung mit 300 mm Durchmesser ein Fallrohrschwenkprobenehmer eingebaut. Dieser entnimmt mit einem schwenkbaren Schlitzgefäß eine Einzelprobe von 1,4 kg. Um eine ausreichende Probenhäufigkeit sicher zu stellen, soll eine Entnahme alle 2 min erfolgen. Da die Einzelprobenmengen für den BULKINSPECTOR zu groß wären, müssen diese vorher geteilt werden. Dafür wird eine Sammelprobe von 4,2 kg aus 3 Einzelproben gebildet, welche anschließend in einem Drehkreuzteiler auf eine Analysenmenge von ca. 100 g reduziert wird. Für andere Dienstleistungen und andere Schüttdichten kann das Teilungsverhältnis variabel eingestellt werden. Auch Schnecken- oder Kolbenprobenehmer können in der industriellen Anwendung zum Einsatz kommen. Einschränkungen auf der Probenmaterial-Seite gibt es bezüglich der Konsistenz. Die Proben müssen aus rieselfähigem, nicht klebrigem Material bestehen. Die obere Grenze des derzeit messbaren Korngrößenbereichs liegt bei etwa 20 mm."

Viele weitere Einsatzgebiete, wie die Bestimmung von Schüttgutverdichtung, Prüfung auf Hohlräume in der Metallurgie oder bei der 3D-Fertigung lassen sich für den BULKINSPECTOR finden. Besonders spannend finden die beiden Entwickler die Möglichkeit der Online-Einbindung in der Prozesskontrolle und die Online-Qualitätskontrolle, was bisher im Bereich der Dichtemessung durch die Offline-Bestimmung nicht möglich war. Außerdem ist auch die Batchverarbeitung von Proben mit dem automatischen Probenmagazin, welches bis zu 50 Einzelproben aufnehmen kann, z.B. über Nacht möglich.

Auf die Zukunft des neuen automatischen Dichtemessgerätes angesprochen, sind Schwechten und Corell überzeugt, dass diesem bisher einzigartigen System durch seine Präzision und den automatischen, mannlosen Betrieb ein breites Anwendungsgebiet offensteht. Derzeit bietet die Siebtechnik GmbH Testmessungen mit dem BULKINSPECTOR in ihrem Testzentrum in Mülheim an der Ruhr an. Die Produktion für den weltweiten Vertrieb hat bereits begonnen.


www.siebtechnik-tema.de
www.bulkinspector.com

Anwendungsmöglichkeiten des BULKINSPECTORS

• Pulvermetallurgie: Messung von Sinter-/ & Gussdichten zur Prüfung­ auf Hohlräume

• PET-Koks: Bestimmung der Porosität

• 3D-Druck, Additive Fertigung: Bauteilcharakterisierung mit ­Bestimmung des Feststoffanteils

• Pharma: Bestimmung der Tablettenverdichtung und Erfassung von Poreneinschlüssen

• Kosmetik: Erfassung der Poreneinschlüsse in Lippenstiften

• Walzenkompaktierung, Schüttgutverdichtung

• Bestimmung von Eigenschaften/Merkmalen: Reinheit von Produkten, chemische Umsetzung durch Reaktion, des Wassergehaltes, des thermischen Ausdehnungskoeffizienten, …

• Kunststoffe/Verbundstoffe: Bestimmung des Füllstoffanteils

• Bauindustrie: Ermittlung der Dichte/Porosität von Materialien

• Geologie: Messung der Porosität von Bohrkernen

Technische Daten zum BULKINSPECTOR PYC 130-A

Modell: PYC 130-A

Messbechervolumen: 130/65/10 cm³

Anzahl Stellplätze für Messbecher: 4

Messgas: Helium

Messdruck: 0 …140 kPa

Waage: 0 … 510 g ± 0,0001 g

Messtemperatur: 15 … 35°C

Kalibrierungsmethode: Automatische Kalibrierung mit Kalibrierkugel

Messunsicherheit: ± 0,02%

Datenschnittstelle: WLAN

Abmessungen (Breite x Tiefe x Höhe): 1100 x 675 x 855 mm

Gewicht: 190 kg

Stromversorgung: AC 110 V/16 A/60 Hz, AC 230 V/10 A/50 Hz

Autorin:

Dr. Petra Strunk, Chefredakteurin der AT MINERAL PROCESSING

Bauverlag BV GmbH, Gütersloh


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